Quo vadis in der europäischen Energiepolitik?

Winterpaket

Die Pläne für eine europäische Energie-Union, die „sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energie für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen in der EU“ gewährleisten soll, liegen vor. Im sogenannten Winter-Paket sind acht Gesetzesvorhaben enthalten, die die Kommission noch vor der Europawahl verabschieden möchte. Der aktuelle Stand findet sich hier:

Bisher wurde nur das Gebäudegesetz verabschiedet, das einen Schwerpunkt auf Effizienz legt, aber auch deutlich macht, dass das derzeitige Tempo bei der Gebäudemodernisierung bei weitem nicht ausreicht, um die Effizienzziele zu erreichen. Die Richtlinie enthält auch eine Vielzahl an Einzelmaßnahmen, wie z.B. die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität. Hervorzuheben ist auch, dass in Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Kommission und Rat höhere Messlatten bei den Erneuerbaren durchgesetzt wurden. Als verbindliches Ziel sollen mindestens 32 Prozent des Brutto-Endenergie-Verbrauchs aus Erneuerbaren Quellen stammen.

Europäischer Emissionshandel/CO2-Bepreisung

Der Europäische Emissionshandel ETS deckt etwa 45 % der CO2 -Emissionen der EU ab. Er hat einen grundsätzlichen Webfehler: durch die Fixierung der Zertifikatemenge ist es nicht möglich, im Klimaschutz „besser“ zu sein als vorgesehen. Das ist der Hauptgrund für die grüne Kritik an diesem System. Dennoch haben wir nie die Abschaffung des ETS gefordert, da selbst ein schlechtes System zur Verminderung der CO2-Emissionen besser ist als gar keines. Die Kinderkrankheiten und Schlupflöcher wurden im Laufe der Zeit ausgemerzt. Die aktuelle Reform hat zudem bewirkt, dass die große Menge überzähliger Zertifikate, die insbesondere durch die der Finanzkrise folgende Wirtschaftskrise auf dem Markt waren, reduziert wurde. Trotzdem gibt es noch Handlungsbedarf: Der Emissionshandel bzw. die CO2-Bepreisung sollten folgendermaßen reguliert werden:

  • Verknappung der Zertifikate im ETS auf Basis der Vorgaben des Pariser Klimaabkommens • Beendigung der kostenlosen Zuteilung unter Einführung eines „Klimazolls“ (border tax adjustment)
  • Einführung eines jährlich steigenden CO2 -Mindestpreises, damit Investitionen in Minderungsmaßnahmen sich rechnen
  • Rückgabe der Einnahmen aus der Besteuerung fossiler Brennstoffe an Bürger*innen und Bürger sowie Betriebe auf Pro-Kopf-Basis der ausgestoßenen Emissionen bzw. nach Lohnsumme

    Verringerung der jährlichen verfügbaren Zertifikatsmenge ab 2013

Europäische Energiewende

Europa ist reich an erneuerbaren Energieträgern: Wind, Sonne, Flüsse, Gezeiten und Geothermie stehen unserem Kontinent in Hülle und Fülle zur Verfügung. Es ist also keine Frage, ob wir auf 100 % Erneuerbare in Strom, Wärme, Mobilität umsteigen können, sondern wann wir uns endlich dazu entscheiden! Durch die enorme Kostenreduktion der Erneuerbaren, die maßgeblich durch das deutsche EEG angestoßen wurde, wird eine erneuerbare Energieversorgung nicht teurer sein als die heutige fossil-atomare – unter Einbezug der Umwelt- und Gesundheitskosten sogar erheblich kostengünstiger. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass dieses Vorhaben auf allen Ebenen weiterhin erbittert bekämpft werden wird. Denn es geht hier um sehr viel Geld. 400 Milliarden Euro werden allein für die Importe von Öl und Gas in die EU aufgewendet. Deshalb kann die europäische Energiewende nur gelingen, wenn sie folgenden Grundsätzen folgt:

  • Effizienz muss am Anfang der Transformation stehen: jede eingesparte kWh bedeutet weniger Flächenverbrauch für Windmühlen und PV-Anlagen. Die Überwachung und Analyse des Energieverbrauchs helfen, insbesondere in Gewerbe und Industrie mehr Einsparung zu erreichen.
  • Anpassung der Ausbauziele an die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens. Als Zwischenziel für 2030 sind 45 % Erneuerbare am Gesamtenergieverbrauch anzustreben.
  • Klare Regelungen für den Einsatz von Biomasse: weder Mais noch Scheit- oder Massivholz sind ein nachhaltiger Beitrag zur Stromerzeugung
  • Der Betrieb von Speichern sollte als Netzbestandteil definiert werden, um Synergien zu heben und Kapazitätszahlungen für fossile Kraftwerke zu minimieren.
  • Bepreisung von CO2

EURATOM

Der 60 Jahre alte EURATOM-Vertrag aus dem Zeitalter der Atom-Euphorie ermöglicht die Subventionierung von AKW-Neubauten durch die EU-Mitgliedsstaaten. Gleichzeitig werden der Brennelementehandel und die Sicherheitsrichtlinien für AKW über die EURATOM-Agentur organisiert. Völkerrechtlich ist umstritten, ob ein Land aus EURATOM austreten und gleichzeitig Mitglied der EU bleiben kann. Großbritannien hat angekündigt, mit dem Verlassen der EU auch EURATOM zu verlassen. Hier öffnet sich ein Fenster für eine dringend notwendige Reform. Denn EURATOM muss grundlegend überarbeitet werden, um in einer Zeit, in der der Betrieb der in die Jahre gekommenen AKW unsicherer ist als je zuvor, eine sinnvolle Rolle zu spielen. Ein reformierter EURATOM-Vertrag muss:

  • die Möglichkeit der Subventionierung der Atomkraft beenden
  • Forschung zu Sicherheit, Rückbau und Endlagerung in den Vordergrund stellen
  • grenzüberschreitende Haftung der AKW-Betreiber sicherstellen
  • strenge Vorgaben zur Reaktorsicherheit machen, die von den EU-Institutionen auch durchgesetzt werden können
  • sicherheitsorientierte Vorgaben zum Rückbau der AKW sowie zur Zwischen- und Endlagerung von Atommüll enthalten

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