SOER 2020 Teil 11 von 11 – Umweltbelastung und Sektoren

Die Analyse einzelner Wirtschaftssektoren durch die Europäische Umweltagentur zeigt, dass Verkehr und Landwirtschaft die größten ökologischen Baustellen bleiben. Ökologische Landwirtschaft und flächengebundene Tierhaltung müssen gestärkt und gesteigert werden, um Umweltprobleme zu lösen. Wir brauchen eine Verkehrswende, hin zu mehr öffentlichem und nicht-motorisiertem Verkehr, verbleibender Individualverkehr muss emissionsfrei werden. Beide Bereiche sind Quellen für steigende Treibhausgasemissionen und Themen, bei denen die Bundesregierung auf der Bremse steht.

Zusammenfassung:

Die aktuellen Entwicklungen stehen nicht im Einklang mit den politischen Ambitionen des Siebten Umweltaktionsprogramms (7. UAP) der Europäischen Union, stellt die Europäische Umweltagentur fest. Ziel des Umweltaktionsprogramms war, die Gesamtumweltauswirkungen aller wichtigen Wirtschaftssektoren zu reduzieren und Klima- und Umweltziele bis 2020 in alle Politiksektoren einzubinden. Insbesondere die Einbeziehung von Umweltbelangen in Politikbereiche wie Landwirtschaft, Verkehr, Industrie und Energie sowie in die Ausgabenprogramme der EU ist nicht gelungen, auch kam es nicht in allen Wirtschaftssektoren zu einer Minderung der Gesamtumweltbelastung.

Umweltpolitik schafft wirtschaftliche Möglichkeiten und trägt zu übergreifenden sozialen und wirtschaftlichen Zielen bei. Der nachlassende Schwung bei der Entwicklung ökologischer Wirtschaftszweige zeigt jedoch, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die Ambitionen des 7. UAP in Bezug auf eine ressourceneffiziente, grüne und wettbewerbsfähige kohlenstoffarme Wirtschaft zu verwirklichen.

Als Teil der Bemühungen fordert das 7. UAP eine Erhöhung des Marktanteils grüner Technologien und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Ökobetriebe. Seit zwei Jahrzehnten wird versucht, Umwelt- und Klimaaspekte in andere Politikbereiche zu integrieren. Die Integration von Umweltbelangen wurde in primären Sektoren wie der Landwirtschaft, durch die gemeinsame Agrarpolitik (GAP), und der Fischerei, durch die Gemeinsame Fischerei- und Meerespolitik und in der Kohäsionspolitik angegangen. Zusätzlich hatte sich die EU verpflichtet, 20 % des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 für klimabezogene Maßnahmen auszugeben, ein Beschluss, der darauf abzielt, Klimaschutzmaßnahmen in alle Politikbereiche einzubeziehen. Allerdings hat der Europäische Rechnungshof bei der Überprüfung dieser Vorgabe erhebliche Defizite festgestellt: mangels geeigneter Indikatoren und Festlegungen ist unklar, inwieweit die Ausgaben tatsächlich positive Effekte gezeitigt haben.

Umsetzung im Landwirtschaftssektor

Der Agrarsektor hat im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP erhebliche Unterstützung erhalten. Während der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt nur 1,2 % beträgt und weniger als 5 % der Beschäftigten in der EU in diesem Sektor tätig sind, fließen fast 40 % des EU-Haushalts in die Landwirtschaft und den ländlichen Raum. Im Zeitraum 2010 – 2014 bestanden durchschnittlich 35 % des Einkommens der landwirtschaftlichen Betriebe aus EU-Subventionen. Dieses Geld wird jedoch nicht gleichmäßig über den Sektor verteilt: im Jahr 2017 erhielten 6,5 Millionen von 10,5 Millionen Betrieben Direktzahlungen, und 0,5 % aller Begünstigten erhielten 16,4 % der gesamten Direktzahlungen.

Die GAP 2014-2020 hatte die allgemeinen Ziele, zur nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und zum Klimaschutz, zu einer ausgewogenen regionalen Entwicklung und zu einer wettbewerbsfähigen Nahrungsmittelproduktion beizutragen. Sie umfasst zwei Hauptsäulen: Säule 1 sieht Direktzahlungen an Landwirte und Marktinterventionen vor, Säule 2 unterstützt Programme zur ländlichen Entwicklung und Naturschutz. Ein wichtiges Merkmal der gegenwärtigen GAP ist die Erkenntnis, dass Landwirte für die Bereitstellung öffentlicher Güter belohnt werden sollten, auch wenn diese keinen Marktwert haben: Dieser Prozess muss jedoch noch viel weiter gehen.

In Europa ist ein beispielloser Rückgang der biologischen Vielfalt zu verzeichnen, der in erster Linie auf den Verlust, die Fragmentierung und die Schädigung natürlicher und halbnatürlicher Ökosysteme zurückzuführen ist. Dabei ist die Intensivierung der Landwirtschaft eine der Hauptursachen ist. Bei einigen Faktoren wie bspw. der Verwendung von Antibiotika in der Tiermast sind keine eindeutigen Trends zu beobachten, während andere Belastungen wie Treibhausgas- und Ammoniak-Emissionen in den letzten Jahren zugenommen haben. Die verwendeten Pestizidmengen sind seit 2011 stabil, Abnahmen sind nicht erkennbar. Die Gesamtemissionen von Treibhausgasen sind seit 1990 zurückgegangen, haben in den letzten Jahren aber zugenommen, sowohl durch größere Viehbestände als auch durch veränderte Landnutzung. Die Landwirtschaft ist der Wirtschaftsbereich, in dem die Luftschadstoffemissionen am wenigsten reduziert wurden, und sie ist die Hauptquelle der Ammoniak-Emissionen. Zwar gingen diese im Zeitraum 1990-2010 zurück, doch sind sie nach wie vor hoch und haben seit 2013 zugenommen, was in erster Linie auf die Viehhaltung zurückzuführen ist.

Dies wirkt sich auf aquatische und terrestrische Ökosysteme aus und begünstigt auch die Bildung sekundärer Feinstaubpartikel in der Luft. Das führt zu Überschreitungen der Luftqualitätsnormen und wirkt sich auf die menschliche Gesundheit aus. Im Frühjahr entsteht Feinstaub aus Ammoniak – aus der Verwendung von Düngemitteln – und Stickoxiden (NOx) aus dem Stadtverkehr. Die großvolumige Verwendung von Stickstoffdünger in der Landwirtschaft ist  eine der wichtigsten Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft. Überschüssige Stickstoffeinträge in die Umwelt (Boden, Luft und Wasser) führen zu systemischen Umweltproblemen wie Eutrophierung. Dabei sind Abfluss und die Auswaschung von landwirtschaftlich genutzten Flächen Hauptquellen für Stickstoffverbindungen in Oberflächen- und Grundwasserkörpern. Der Stickstoffüberschuss ist zwar im Laufe der Jahre von sehr hohen Werten in den 1990er Jahren zurückgegangen;. im Zeitraum 2000-2015 nahm auch die Effizienz der Stickstoffnutzung (Gesamtstickstoffausstoß dividiert durch den Gesamtstickstoffeintrag) zu und trug damit zur Verbesserung des Trends in der Stickstoffbilanz bei. Dennoch sind die Ammoniak-Emissionen und die Wasserverschmutzung durch Nitrate aus der Landwirtschaft inakzeptabel hoch.

Einer der wichtigsten Mechanismen zur Bewältigung von Umweltbelastungen durch die Landwirtschaft ist die Einbeziehung von Umwelt- und Klimazielen in die GAP. Die Ziele der derzeit noch nicht abgeschlossenen GAP-Überarbeitung sind wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Art:

wirtschaftlich: Sicherung eines gerechten Einkommens für Landwirtinnen und Landwirte; Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit; Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Nahrungsmittelkette

ökologisch: Maßnahmen gegen den Klimawandel; Umweltschutz; Erhaltung der Landschaften und der biologischen Vielfalt

sozial: Unterstützung des Generationswechsels; lebendige ländliche Gebiete; Schutz der Qualität der Nahrungsmittel und der Gesundheit.

Die Ergebnisse werden weitgehend davon abhängen, wie die Mitgliedstaaten die auf europäischer Ebene zur Verfügung gestellten Instrumente nutzen, um ehrgeizige Maßnahmen auf diese Ziele zuzuschneiden. Die gleichzeitige Berücksichtigung mehrerer Ökosystemleistungen wurde als ein Faktor für die Erhöhung der Effektivität, Effizienz und Gerechtigkeit der GAP identifiziert.

Da Flexibilität der Mitgliedstaaten bei der nationalen Umsetzung auch zu schlechterer Erfüllung von Umweltzielen führen kann, sind verbindliche Mindestbedingungen und Produktionsstandards erforderlich, wie z.B. die Erhaltung von Landschaftsmerkmalen, eine minimale Bodenbedeckung sowie die Diversifizierung und Fruchtfolge der Kulturen. Die bisherigen Erfahrungen deuten darauf hin, dass diese durch Maßnahmen ergänzt werden müssen, die auf dem wissenschaftlichen Nachweis ihrer Wirksamkeit beruhen und auf regionale Bedürfnisse und standortspezifische Bedingungen zugeschnitten sind, um relevante Fortschritte im Naturschutz zu erzielen.

Meeresfischerei und Aquakultur

Obwohl der Fischereisektor relativ klein ist, spielt er eine wichtige gesellschaftliche Rolle, da er in vielen Küstengemeinden entscheidender Wirtschaftsfaktor ist. Die Fischerei ist mehr als jeder andere Wirtschaftszweig von gesunden Meeren abhängig, da gesunde, gut bewirtschaftete Ozeane eine Voraussetzung für langfristige Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Fischerei und der Blue Economy im Allgemeinen sind. Eine gut geführte Fischerei führt zu einer Kaskade positiver Ergebnisse, einschließlich höherer Einkommen für die Fischerinnen und Fischer und geringerer Auswirkungen auf die Umwelt im weiteren Sinne. In Europa werden Fischbestände und Fangflotten durch die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) verwaltet. Die GFP umfasst auch Vorschriften für die Aquakultur. Von ihr erfasst werden alle Schiffe, die in europäischen Gewässern fischen, und auch europäische Schiffe, die in nichteuropäischen Gewässern fischen. Die GFP soll den Erhalt der biologischen Meeresschätze und die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände gewährleisten. Zu diesem Zweck werden in der GFP Fangquoten festgelegt, um sicherzustellen, dass innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens die Nutzung der biologischen Meeresressourcen wiederhergestellt und die Populationen der befischten Bestände auf einem Niveau gehalten werden, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht. Darüber hinaus befasst sich die Meeresrichtlinie mit der Integrität des Meeresbodens. Die Unversehrtheit des Meeresbodens ist ein Schlüsselbereich für das Leben im Meer, und einige Fischereipraktiken wie Schlepp- und Baggerfischerei gefährden ihn. Weitere Ziel ist es, bis 2020 für gesunde Fischbestände zu sorgen.

In der EU stammen 80 % der Produktion aus der Fischerei und 20 % aus der Aquakultur. Allerdings ist seit 2000 ein stetiger Rückgang der Produktion sowohl in der Aquakultur (um 16 %) als auch beim Wildfang (um 17 %) zu verzeichnen. Im Jahr 2015 betrug die Gesamtproduktion von Fischereierzeugnissen in Europa schätzungsweise 6,4 Millionen Tonnen (Lebendgewichtäquivalent). Die EU ist weltweit der viertgrößte Produzent von Fisch und Meeresfrüchten mit einem Anteil von etwa 3 % an der globalen Fischerei- und Aquakulturproduktion im Jahr 2015. Zum Vergleich: China zeichnet für 39 % verantwortlich.

Die Gesamtnutzung der Fisch- und Schalentierbestände in Europa überschreitet nach wie vor die Grenze der langfristigen ökologischen Nachhaltigkeit. Die neuesten verfügbaren Informationen zeigen, dass 45 % der bewerteten Fisch- und Muschelbestände sich in keinem guten Zustand befinden.

Seit Anfang der 2000er Jahre hat eine bessere Bewirtschaftung der Fisch- und Schalentierbestände zu einer deutlichen Verringerung der Überfischung in Nord und Ostsee beigetragen. Wenn diese Bemühungen fortgesetzt werden, könnte das Ziel für 2020 für gesunde Fisch- und Muschelbestände im Nordostatlantik und in der Ostsee auf der Grundlage von zwei der drei MSFD-Kriterien (d.h. Entnahmerate und Reproduktionskapazität) erreicht werden. Im Gegensatz dazu gibt es keine Anzeichen für eine Verbesserung im Mittelmeer und Schwarzen Meer, wo etwa 92 % der bewerteten Bestände auf einem biologisch nicht nachhaltigen Niveau befischt werden. Diese Ergebnisse erfordern dringenden Handlungsbedarf.

Die europäische Politik hat auch weltweit eine größere Wirkung. Die EU ist bei weitem der größte Einzelmarkt für Fisch und Meeresfrüchte und hat diesen wichtigen Hebel genutzt, um mit ihrer 2010 eingeführten IUU-Verordnung die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei (IUU-Fischerei) einzudämmen. Nun müssen Klimaschutz und -anpassung in die Bewirtschaftung und den Schutz der europäischen Meere integriert werden, um die Aussichten auf produktive Meere und gesunde Fisch- und Muschelpopulationen nach 2020 zu erhalten.

Forstwirtschaft

Nach den Analysen von Corine Land Cover ist die Waldfläche in Europa insgesamt stabil. Nahezu 90 % der europäischen Wälder stehen für die Holzversorgung zur Verfügung. Weniger als 5 % der europäischen Waldflächen gelten als ungestört oder natürlich, während weniger als 1 % als Primär- oder Urwälder betrachtet werden können. Dreißig Millionen Hektar Wald sind als Natura-2000-Gebiete geschützt, was 48 % aller Natura-2000-Schutzgebiete entspricht, und ihre Nutzung zur Holzproduktion ist eingeschränkt, aber nur 30 % dieser Gebiete sind in gutem ökologischem Zustand. Das dominierende Produkt der Wälder ist Holz. Die gemeldete Rundholzproduktion in der EU-28 erreichte im Jahr 2016 458 Millionen m3. Davon wurden 21,6 % als Brennholz verwendet, der Rest war Industrierundholz, das für Balken, Bretter und Furniere sowie für die Zellstoff- und Papierproduktion verwendet wurde. Während die Produktion von Industrierundholz in der EU im Durchschnitt um 45 Millionen m3 niedriger liegt als 2007, haben die Produktion und der Handel mit Holz als Brennstoff seit 2010 erheblich zugenommen. Diese steigende Nachfrage wurde durch die politischen Ziele zur Steigerung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen angetrieben.

45 % der Erneuerbaren Energien in den EU-28 entfallen auf Holzprodukte wie Pellets und Briketts, in einigen Ländern sogar mehr als 70 %. Die Importe von Holzpellets von außerhalb Europas haben sich verdoppelt und erreichten 2015 6 Milliarden Tonnen. Es wird prognostiziert, dass sich der Holzbedarf in den nächsten zwei Jahrzehnten verdoppeln wird, was zu Herausforderungen führen wird. Die Ökosystemleistungen der Wälder für die Gesellschaft erfordern jedoch eine sorgfältige Integration von Biodiversitätszielen in die Forstwirtschaft. In einigen Mitgliedsstaaten sind stärkere Anreize gemäß der EU-Forststrategie und den SFM-Grundsätzen notwendig, um den nachhaltigen Umgang mit dem Wald zu verbessern.

Verkehr

Im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems sollen die Verkehrsemissionen bis 2030 um 43 % gesenkt werden. Das betrifft aber nur elektrischen Schienenverkehr und den Inlandsflugverkehr (innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums). Der sonstige Verkehr fällt unter die „effort sharing regulation“ (Lastenteilung) und soll um 30 % unter das Niveau von 2005 gesenkt werden. Der internationale Luftverkehr ist derzeit ausgeschlossen, da das im Rahmen der ICAO entwickelte Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) im Jahr 2021 eingeführt werden soll. Ein europäischer Prozess zur Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung von Kohlendioxid (CO2)-Emissionen aus dem internationalen Schiffsverkehr begann 2018.

 

Um die erforderliche Reduktion in den nicht unter das Emissionshandelssystem fallenden Sektoren umzusetzen, wurden mit der neu verabschiedeten Verordnung zur Lastenteilung individuelle nationale Ziele für 2030 festgelegt. Jedem Mitgliedstaat steht es allerdings frei zu entscheiden, wo und wie die Treibhausgasreduktion vorgenommen wird. Da die meisten Treibhausgase des Transportsektors aus dem Straßenverkehr stammen, wurden immer strengere Anforderungen zur Verringerung der CO2-Emissionen von Pkw und Kleintransportern eingeführt; seit Anfang 2019 auch für Lastkraftwagen. Darüber hinaus wurden bei der Überarbeitung der Richtlinie für saubere Fahrzeuge Mindestziele im öffentlichen Beschaffungswesen eingeführt. Weiterhin schreibt die Richtlinie für Erneuerbare Energien bis 2030 einen Mindestanteil von 14 % Erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors vor. Darüber hinaus gelten „Euro-Normen“ für wichtige Luftschadstoffe wie NOx und Feinstaub (PM) aus Abgasen. Die Ausnutzung von Schwachstellen in den laborgestützten Tests hat jedoch zu einer weit verbreiteten Überschreitung der NOx-Grenzwerte für Diesel-Pkw und -Lieferwagen unter realen Fahrbedingungen geführt. Dies ist einer der Gründe, warum die europäischen Luftqualitätsanforderungen in vielen städtischen Gebieten nicht erreicht werden. Um dieser Situation zu begegnen, ergänzt nun ein neuer Test auf der Straße die laborgestützten Tests. Dieser neue Test ist seit September 2019 für alle neuen Pkw und Kleintransporter obligatorisch.

Der Verkehr in Europa ist nach wie vor stark mit Umweltbelastungen korreliert. Trotz Effizienzverbesserungen führt die wachsende Nachfrage nach Transportleistungen immer noch zu einer zunehmenden Umweltbelastung. Die Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich haben zwischen 1990 und 2016 um etwa ein Viertel zugenommen (einschließlich des internationalen Luftverkehrs, aber ohne den internationalen Seeverkehr).

Der Straßenverkehr ist innerhalb des Verkehrssektors von zentraler Bedeutung, und im Jahr 2016 war er für 72 % aller verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen (einschließlich des internationalen Flug- und Schiffsverkehrs) verantwortlich. Davon stammen 72,5 % von PKW und Kleintransportern, gefolgt von LKW und Bussen mit 26,3 %. Die Schifffahrt und der Luftverkehr sind die zweit- und drittgrößte Quelle; insbesondere der internationale Luftverkehr hat in den letzten zwei Jahrzehnten durch sein enormes Wachstums einen raschen Anstieg der THG-Emissionen verzeichnet.

Bei den Luftschadstoffemissionen aus dem Verkehr (z. B. NOx, PM, SO2, Schwefeldioxid) ist seit 1990 ein starker Rückgang zu verzeichnen, aber wichtige Probleme mit der lokalen Luftqualität aufgrund von Verkehrsemissionen bestehen weiterhin. Allein der Straßenverkehr war 2016 für 39 % der gesamten NOx-Emissionen der EU verantwortlich, der nicht straßengebundene Verkehr (Luftfahrt, Eisenbahn, Binnenschifffahrt usw.) für weitere 9 %. Im selben Jahr war der Verkehr in seiner Gesamtheit auch für 13 % der PM2,5-Emissionen (Feinstaub ≤ 2,5 μm Durchmesser) und 12 % der PM10-Emissionen (Feinstaub ≤ 10 μm Durchmesser) verantwortlich.

Partikel aus Brems- und Reifenabrieb haben im Laufe der Zeit an Bedeutung gewonnen. Es wird geschätzt, dass sie für mehr als die Hälfte der gesamten PM10-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich sein können. Reifenabrieb besteht zudem aus nicht abbaubaren Stoffen, die sich dauerhaft in der Umwelt anreichern.

Der Verkehr ist auch die vorherrschende Quelle von Umgebungslärm in der EU; über 113 Millionen Menschen sind hohen Straßenlärmpegeln ausgesetzt. 80 % der lärmbedingten Krankheiten sind auf Straßenverkehr zurückzuführen.

Mit Blick auf die Zukunft gibt es eine Reihe vielversprechender technologischer Entwicklungen und auch einige Anzeichen für Verhaltensänderungen, die den Verkehrssektor auf eine nachhaltigere Bahn bringen könnten. Bislang haben diese jedoch nicht zu einer Verringerung der Umweltbelastung geführt.

Es gibt keine verkehrspolitische Strategie auf EU-Ebene zur Erreichung der 40-prozentigen Reduzierung der Treibhausgasemissionen bis 2030. Analysen zeigen jedoch, dass eine Reduzierung um mehr als 60 % erforderlich ist, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Ein verkehrsbezogenes Ziel gibt es nur in der Richtlinie zu erneuerbaren Energien, die vorschreibt, dass bis 2020 mindestens 10 % der Kraftstoffe im Verkehrssektor aus erneuerbaren Quellen stammen müssen. Darüber hinaus schreibt die Richtlinie zur Kraftstoffqualität eine Reduzierung der Treibhausgasintensität um mindestens 6 % bis 2020 vor. Der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor lag 2017 bei 7,6 %.

Die verfügbaren Daten zu den verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen und zur lokalen Luftverschmutzung zeigen nicht, dass der Verkehrssektor sich bereits auf einem Pfad befindet, der mit langfristigen Klimazielen und einer verbesserten Luftqualität vereinbar ist. Projektionen der Europäischen Kommission, die die erwarteten zukünftigen Auswirkungen vereinbarter politischer Maßnahmen berücksichtigen, kommen jedoch zu dem Schluss, dass das Ziel der Reduzierung der Treibhausgasemissionen erreicht werden kann.

Inzwischen scheint ein Konsens darüber zu bestehen, dass es wichtig ist, Umweltziele in alle für den Verkehr relevanten europäischen Politiken zu integrieren. Dies bedeutet, dass die Auswirkungen der Politik in anderen Wirtschaftssektoren auf den Verkehr vorweggenommen werden müssen, insbesondere bei Entscheidungen über Stadtplanung, Landmanagement und Besteuerung. Es gibt jedoch nur wenige Hinweise darauf, dass dies in konsistenter und effektiver Weise geschieht.

Entwicklungen in der Umweltschutzwirtschaft

Das 7. UAP zielt darauf ab, bis 2020 die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Umweltbereich zu stärken und den Marktanteil grüner Technologien zu erhöhen. Der Sektor der Umweltgüter und -dienstleistungen (EGSS), auch Ökoindustrien oder Umweltschutzwirtschaft genannt, liefert Produkte und Dienstleistungen, die auf den Schutz der Umwelt und die nachhaltige Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen ausgerichtet sind. Seit 2000 hat der EGSS die Gesamtwirtschaft der EU-28 bei Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum übertroffen. Von 2000 bis 2011 gab es einen steilen Anstieg, seither weist der EGSS ähnliche Wachstumsraten auf wie die Gesamtwirtschaft. Die Beschäftigung im EGSS nahm im Zeitraum zwischen 2000 und 2015 um etwa 47 % zu, verglichen mit 6 % in der Gesamtwirtschaft der EU-28. Dabei macht der EGSS allerdings nur einen kleinen Anteil der gesamten Wirtschaftsleistung aus. Dem globalen Markt für Umwelttechnologien und Ressourceneffizienz wird mit einer prognostizierten durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6,9 % bis 2025 ein hohes Wachstumspotenzial zugeschrieben, bereits in der Vergangenheit hatten die betreffenden Unternehmen eine hohe Exportrate. Hauptzwecke der Investitionen sind gemäß einer Umfrage aus dem Jahr 2014 die Verringerung des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen, die Wiederverwertung von Abfällen oder Wasser für den eigenen Gebrauch oder Verkauf sowie die Verringerung der Umweltverschmutzung und des Material- oder Wasserverbrauchs. Die wichtigste Triebkraft ist der Nutzen für den Ruf des Unternehmens sowie die Tatsache, dass zusätzliche Vorteile damit verbunden sind.

Es besteht ein erhebliches technisches Potenzial zur Dekarbonisierung energie- und materialintensiver Wirtschaftssektoren wie Aluminium-, Kunststoff-, Zement- und Stahlproduktion. Es wird prognostiziert, dass die CO2-Emissionen dieser Sektoren in den europäischen Volkswirtschaften bis 2050 um bis zu 56 % gesenkt werden könnten, in erster Linie durch eine Steigerung der Materialeffizienz, verbessertes Produktdesign (Wiederverwertung von Recyclingmaterial) und neue Geschäftsmodelle.

Die Dekarbonisierung und der verringerte Verbrauch natürlicher Ressourcen können parallel erreicht werden, dabei werden die globalen Kosten der Dekarbonisierung von vier Industriesektoren – Zement, Stahl, Ethylen und NH3 –  bis 2050 auf etwa 21 Billionen Dollar geschätzt. Die Kosten könnten jedoch erheblich niedriger sein und sich in einer Größenordnung von etwa 11 Billionen Dollar bewegen, wenn die Preise für erneuerbaren Strom im Vergleich zu fossilen Brennstoffen weiter sinken. Die Schwerindustrie produziert Material für die grünen Technologien. Daher hängt das prognostizierte Wachstum der Märkte für grüne Technologien stark von der Wirtschaftsleistung und den Arbeitsplätzen in den traditionellen Industrien ab. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, die gesamte Wertschöpfungskette der Umwelttechnologien zu bewerten und die Rolle der traditionellen Industrien sowie der als Ökoindustrien definierten Industrien bei der Entwicklung einer ressourceneffizienten, grünen und wettbewerbsfähigen kohlenstoffarmen Wirtschaft zu berücksichtigen.

Bild: Von Elza Fiuza/ABr – http://www.agenciabrasil.gov.br/media/imagens/2008/01/03/1247ef0056a.jpg/view, CC BY 3.0 br, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3339367

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