Alarmierende Erkenntnisse zum Sicherheitsniveau französischer AKW

ARTIKEL, Mittwoch, 19. Februar 2020 – Brüssel

Neue Studie zur Sicherheit französischer AKW
Alarmierende Erkenntnisse zum Sicherheitsniveau französischer AKW

Im Januar 2020 wurde bekannt, dass Frankreich vorerst auf den Bau neuer Atomreaktoren verzichten wird. Die Entscheidung wird auf frühestens Ende 2022 verschoben und bis dahin der Umstieg auf erneuerbare Energien geprüft. Auch die Inbetriebnahme des seit 2007 im Bau befindlichen Druckwasserreaktors in Flamanville soll wegen Baumängeln und massiver Sicherheitsbedenken bis dahin abgewartet werden.

Jedoch plant Frankreich weiterhin die Laufzeitverlängerung seiner bestehenden Kernreaktoren der 900 MW-Baureihe („CP-Serie“), deren Sicherheitskonzepte aus den 1960er und 1970er Jahren stammen. Von den aktuell in Frankreich betriebenen 58 Atomreaktoren gehören 32 Reaktoren der CP-Serie an. Frankreich plant, diese Reaktoren weitere 20 Jahre in Betrieb zu halten, jedoch ohne die bestehenden Sicherheitsdefizite angemessen zu aktualisieren. Die Auslegungsdauer von 30 bzw. 40 Jahren ist bei diesen Reaktoren bereits erreicht.

Erkenntnisse aus den Atomkatastrophen in Three Mile Island, Tschernobyl und Fukushima stellen heute den Maßstab für Sicherheitsstandards von AKW, sowohl für neue Kraftwerke als auch für solche, die über ihre ursprüngliche Laufzeit hinaus betrieben werden sollen. Diese modernen Sicherheitsstandards sind in den Sicherheitskonzepten Frankreichs für die zu verlängernden 900 MW Reaktoren nicht berücksichtigt.

In Frankreich ist die Laufzeit von AKW nicht begrenzt. Es findet alle zehn Jahre eine Sicherheitsüberprüfung statt. Diese dient dazu, ein vorhandenes Sicherheitsniveau zu bestätigen oder nennt Maßnahmen zur kontinuierlichen Erhöhung des Sicherheitsniveaus.

Im Auftrag der Europaabgeordneten Jutta Paulus (Bündnis 90/Die Grünen) und Michèle Rivasi (Europe Écologie Les Verts) untersuchte der Sicherheitsexperte Prof. Dr. Manfred Mertins in der nun vorliegenden Studie die Sicherheitsanforderungen an die französischen AKW der CP-Serie für den Fall ihrer Laufzeitverlängerung. Insbesondere prüfte er, ob die zur Erreichung des erforderlichen Schutzniveaus erforderlichen Nachrüstungen unter praktischen Gesichtspunkten, d.h. in angemessener Zeit während der Lebensdauer des jeweiligen AKW, überhaupt erreichbar sind.

Die Ergebnisse sind alarmierend:

Es ist praktisch unmöglich, die französischen Atomkraftwerke der CP-Serie auf den nötigen Sicherheitsstand zu bringen, um sie weiter zu betreiben.

Das Sicherheitskonzept des französischen Programms zur Laufzeitverlängerung der 900 MW- Reaktoren zielt hauptsächlich auf die Verbesserungen der Sicherheit im Bereich der Minderung der Folgen einer Kernschmelze. Eine Nachrüstung im Bereich der Vorsorge, also der Verhinderung von Kernschmelzereignissen, ist in diesem Programm nicht im erforderlichen Umfang enthalten.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse sehen die Europaabgeordneten Paulus und Rivasi nur eine Konsequenz: Alle 900 MW-Reaktoren der CP-Serie müssen vom Netz gehen. Frankreich muss seine Pläne zur geplanten Laufzeitverlängerung verwerfen und stattdessen umfassend in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren.

Hier finden Sie die komplette Studie: EU Parlament Studie AKW Frankreich

 

Siehe hierzu auch die PRESSEMITTEILUNG von heute:

PRESSEMITTEILUNG: Geplante Laufzeitverlängerung maroder französischer AKW – Studie bescheinigt besorgniserregende Sicherheitssituation