Anpassung ist notwendig
Der Klimawandel wird, auch wenn wir es als weltweite Gemeinschaft schaffen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, einen großen Einfluss auf unser gesamtes Leben haben. Deshalb ist es so wichtig, nicht einfach sehenden Auges dazustehen und zuzuschauen, wie extreme Wetterereignisse unseren Alltag verändern, sondern uns bereits heute auf die Auswirkungen der globalen Erwärmung vorzubereiten. Und das erfordert Anpassung.
Anpassung beinhaltet, wie Wissenschaftler*innen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) betonen, nicht nur infrastrukturelle oder technologische Maßnahmen wie Veränderungen im Deichbau oder Veränderungen in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Zur Anpassung gehört auch, dass sich unser Bewusstsein verändert: dass wir Menschen verstehen, dass die Natur nicht mit sich reden oder gar verhandeln lässt. Wir können die Atmosphärenphysik nicht davon überzeugen, eine Dürre oder einen El Nino ein weiteres Jahr aufzuschieben, damit es wenigstens dieses Jahr noch eine gute Getreideernte gibt; Hitzewellen, Überschwemmungen, Starkregen und schwere Stürme werden auf uns zukommen, ob wir wollen oder nicht. Und genau aus diesem Grund hätten wir eigentlich schon gestern damit anfangen müssen, uns auf die Folgen einzustellen. Und wenn nicht gestern, dann wenigstens heute und zwar in Deutschland und auf der ganzen Welt.
2008 wurde für Deutschland die „Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel“ beschlossen, in der Schritte genannt werden, mit denen zu erwartende Veränderungen des Klimas und der Wetterphänomene aufgezeigt und Lösungen für deren negative Auswirkungen vorgeschlagen werden. Dazu gehört eine ganze Reihe von Wirtschafts- und Lebensbereichen, aber auch ökologische Bereiche.
Die Situation in den Städten:
In Städten ist es oft um einiges wärmer als im unbebauten Umland. Dies liegt an der dichten Bebauung, die über den Tag Sonnenenergie aufnimmt und die ganze Nacht über abstrahlt. Dazu kommt, dass die aufgeheizte Luft in vielen Städten vom Wind schlecht verweht werden kann (Bildung von Hitzeinseln). Das Fehlen temperatur- und feuchtigkeitsregulierender Pflanzungen trägt ebenfalls zu diesem Effekt bei. Die Erhöhung der Durchschnittstemperaturen wird dieses Phänomen noch verstärken, was eine große Herausforderung für die gesamte städtische Infrastruktur, sowohl öffentlicher Gebäude und Plätze, als auch privater Büro- und Wohngebäude, bedeutet. Gegensteuern kann man hier mit einer veränderten Raum- und Bauleitplanung. In öffentlichen aber auch in privaten Gebäuden wird die Hitzebelastung aufgrund von langen Hitzeperioden wie in diesem Jahr auch in Zukunft höher liegen als in der Vergangenheit. Dies wird es erforderlich machen, vor allem für gefährdete Bevölkerungsgruppen, Gebäude stärker zu dämmen, aber auch zu klimatisieren. In manchen Krankenhäusern ist die Situation schon heute so kritisch, dass herzkranke oder ältere Patienten im Hochsommer abgewiesen werden müssen, da oftmals nur die Intensivstationen klimatisiert sind. Klimaanlagen wiederum verbrauchen Energie – die als Wärme in die Umgebung abgegeben wird.
Forstwirtschaft
In Zukunft werden Waldökosysteme durch eine Verminderung des Niederschlags in den Sommermonaten sowie steigender Temperaturen und Extremwetterereignissen (Stürme, Gewitter, Starkregen) vor Herausforderungen gestellt. Vor allem die Fichte hat Probleme mit Hitzestress, was zu starken Schäden in Süd- und Westdeutschland geführt hat. Andere Arten wie die Eiche, Kiefer und die Douglasie sind hingegen resistenter gegenüber Temperaturveränderungen und sollten deshalb in Zukunft verstärkt in der Forstwirtschaft genutzt werden. Ein weiteres Problem ist die starke Vermehrung von Schädlingen wie dem Borkenkäfer, die den geschwächten Wäldern zusetzen. Dazu kommt die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Waldbränden. Um sich den neuen Herausforderungen anzupassen, ist es auch für die Förderung der Biodiversität dringend erforderlich, Monokulturforste wieder zu natürlicheren Mischwäldern umzubauen. Außerdem braucht es auch Vorsorgemaßnahmen gegen Waldbrände, Schädlinge und Sturmschäden, sowie Wasserkonzepte, um den Wäldern in zukünftigen Trocken- und Dürreperioden den Hitzestress nehmen zu können.
Landwirtschaft
Durch die bereits genannte Veränderung der Niederschläge und die stärkere Hitze verringert sich die Produktivität von landwirtschaftlichen Flächen. Schon in diesem Jahr wurden von vielen Landwirt*innen hohe Ernteausfälle beim Getreide beklagt. Auch für Tiere ist Hitzestress ein Problem, gerade für Milchkühe, die besonders empfindlich gegenüber starken Temperaturveränderungen sind. Auch die schon genannten Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel und Dürren führen zu hohen Ertragsverlusten in der Landwirtschaft. Um die Auswirkungen zu mildern, können kurz- bis mittelfristig andere Sorten verwendet werden, die besser an hohe Temperaturen und Trockenheit angepasst sind. Langfristig ist es jedoch unumgänglich, auch neue Sorten zu züchten, die speziell an regionale klimatische Bedingungen angepasst sind. Und die Anbaustrategie muss sich ändern: statt auf Höchsterträge weniger Kulturen zu setzen, müssen verschiedene Pflanzen angebaut werden – wie früher auch. Um die Bewässerung zu gewährleisten, muss auch in den Aufbau von effizienten Bewässerungssystemen und Wasserspeicherbecken investiert werden.
Dabei sollten wir nicht vergessen: trotz der Rekord-Dürre und der schlechten Ernten wird in Deutschland niemand deshalb hungern müssen. Wir werden uns einfach auf dem Weltmarkt bedienen. Das Nachsehen haben andere.
Hochwasserschutz
Da ein großer Teil der Niederschläge in Zukunft im Winter zu erwarten sein wird und dieser wesentlich seltener in Form von Schnee fallen wird, werden Hochwasser im Winter wahrscheinlicher. Dabei sind die Städte natürlich am meisten gefährdet, da diese kaum unversiegelte Flächen besitzen, in denen das Wasser versickern könnte. Überflutungen von urbanen Räumen ziehen weitere Probleme nach sich, vor allem wenn Heizungskeller und Industriegebiete überflutet werden und so Chemikalien ins Wasser gelangen, die dann Flüsse und Grundwasser verschmutzen können. Um Hochwasser vorzubeugen müssen Deiche rückverlegt werden, Entwässerungsmaßnahmen im ländlichen Raum zurückgenommen werden und Überflutungsflächen (Retentionsflächen) geschaffen werden, um die Bodenversiegelung auszugleichen.
Erd- und Hangrutschgefahr
Starkregen sind nicht nur wegen der hohen Wassermengen gefährlich, sie erhöhen auch das Risiko von Erdrutschen: in Hanglagen kommt aufgeweichte Erde schnell ins Rutschen und geht schlimmstenfalls als Schlammlawine zu Tal. Auch das Auftauen von Permafrostböden in den Alpen hat bereits diesen Sommer zum Absturz ganzer Felsbrocken geführt. Vorsorge ist nur bedingt möglich: Maßnahmen, die die Erosion mindern, sind immer hilfreich. Außerdem müssen die Pflege von Schutzwäldern gefördert, Gefährdungsbereiche in der vorsorgenden Raumplanung ausgewiesen und Frühwarnsysteme zur Überwachung von Hangbewegungen entwickelt werden, um Unfällen vorzubeugen.
Weltweite Abhängigkeiten
Durch die Globalisierung der Wirtschaft sind alle Produktions- und Dienstleistungsbereiche miteinander vernetzt. Viele Unternehmen lagern zumindest einen Teil ihrer Produktion ins Ausland aus, oder sind auf Zulieferbetriebe im Ausland angewiesen. Deutschland ist als Exportnation davon abhängig, dass Waren ins Ausland verschifft werden können. Schon die stark eingeschränkte Schiffbarkeit des Rheins im Dürrejahr 2018 hat die produzierenden Betriebe an Europas größter Wasserstraße empfindlich getroffen. Durch vielfältige Abhängigkeiten wird die Weltwirtschaft anfällig gegenüber „Naturkatastrophen“, die kritische Infrastruktur innerhalb von wenigen Tagen zerstören kann. Anschaulich wurde dieses Szenario bereits vor sieben Jahren, als nach einer Flutkatastrophe in Thailand, dem zweitgrößten Festplatten-Lieferanten der Welt, die Preise für Festplatten an einem einzigen Tag um das Dreifache anstiegen. Die Folgen einer Sturmflut im Hafen von Rotterdam oder ein extremer Monsunregen in Hyderabad, wo ein Großteil der Antibiotika für die ganze Welt produziert wird, kann man sich lebhaft vorstellen.
Bild: Simulation eines Meeresspiegelanstiegs um 7 Meter. Von flood.firetree.net . Kartenmaterial Copyright OpenStreetMap, Daten Copyright NASA