Deutsch-polnisches Netzwerktreffen „Oder grenzenlos?
Sorgen um den Fluss prägen die gemeinsame Kooperation.
Am letzten Wochenende fand auf Einladung der Europaabgeordneten Dr. Hannah Neumann und Jutta Paulus von Bündnis 90/Die Grünen sowie des Vereins „Łączy nas Odra – Die Oder verbindet e.V.“ das deutsch-polnische Netzwerktreffen „Oder grenzenlos – Aufbruch in den deutsch-polnischen Beziehungen?“ in Mescherin an der Oder statt. Mehr als 40 Vertreterinnen und Vertreter von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Organisationen aus Deutschland, Polen und Tschechien diskutierten zunächst untereinander und später im Austausch mit Politikerinnen und Politikern beider Länder darüber, welche nächsten Schritte für den Schutz der Oder unternommen werden müssen.
Der parteiübergreifenden Einladung folgten mehrere Politikerinnen und Politiker beiderseits der Oder, darunter Dietmar Nietan, Koordinator für die deutsch-polnische zwischen-gesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Anita Kucharska-Dziedzic, Mitglied des Sejm der Republik Polen, die Bundestagsabgeordneten Michael Kellner und Jürgen Kretz, Axel Vogel, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg, sowie die Brandenburger Landtagsabgeordneten Hardy Lux und Sahra Damus.
Die Europaabgeordnete Dr. Hannah Neumann kommentiert das Treffen:
„Unser deutsch-polnisches Netzwerktreffen ‚Oder grenzenlos‘ hat gezeigt, dass es tatsächlich eine neue Dynamik in den deutsch-polnischen Beziehungen gibt. Das freut mich sehr. Nach einer achtjährigen Pause finden am Dienstag auch wieder deutsch-polnische Regierungskonsultationen statt – ein weiteres wichtiges Zeichen für den Aufbruch. Themen gibt es genug, und eines dieser Themen muss die aktuelle Lage an der Oder sein, wo schon wieder Fische sterben. Die Angst der Bevölkerung vor einer erneuten Umweltkatastrophe ist groß. Deswegen müssen wir endlich das aus der Zeit gefallene deutsch-polnische Oderabkommen von 2015 auf den Prüfstand stellen. Das Fischsterben im Jahr 2022 hat dem Fluss massiv zugesetzt, die Klimakrise bedeutet weiteren Stress, die Oder ist im Sommer oft wegen Niedrigwasser über Monate nicht schiffbar. Deswegen müssen wir uns nun gemeinsam – Deutsche und Polen, Klimaschützer, Wirtschaftsvertreter und Touristiker – um einen Tisch setzen und schauen, was der beste Weg für die Region ist. Bis dahin sollten die bestehenden Ausbaupläne ruhen. Diese verstoßen gegen nationales und europäisches Umweltrecht und schädigen das Ökosystem der Oder massiv. Der Fluss hat gerade erst angefangen, sich zu erholen. Wir müssen alles tun, um eine Katastrophe wie im Jahr 2022 zu vermeiden.“
Jutta Paulus, ebenfalls Europaabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, ergänzt:
„Wasser und gesunde Flüsse sind für den Menschen von entscheidender Bedeutung. Sie sind nicht nur Grundlage für sauberes Trinkwasser und gesunde Ernährung, sondern auch lebenswichtige Ökosysteme, die unsere Umwelt und unser Klima stabilisieren. Auf europäischer Ebene wurden zuletzt mit dem Gesetz zur Rettung der Natur und der Überarbeitung der Industrieemissionsrichtlinie wichtige Schritte in diese Richtung unternommen. So müssen bis 2030 etwa 25.000 Flusskilometer in freifließende Flüsse umgewandelt werden, und die Industrie muss Lösungen entwickeln, um die Belastung durch salzhaltige Einleitungen zu reduzieren und an saisonale Wasserstandsfluktuationen anzupassen. Die Oder als freifließender Fluss kann aber nicht so lange warten. Ihr Ökosystem ist schon jetzt wieder kurz vor dem Kollaps. Angesichts der Gefahr einer sich wiederholenden Umweltkatastrophe braucht der Fluss sofortige wirksame Lösungen, um den Salzgehalt und damit den Nährboden für die Goldalge zu senken, die mit ihrem Gift auch noch die letzten Fischpopulationen zu vernichten droht. Auf dem deutsch-polnischen Netzwerktreffen haben die zivilgesellschaftlichen Initiativen ihren Frust und ihre große Besorgnis über die derzeitige Lage ausgedrückt. Diese Sorgen sollten von den beiden Regierungen bei den anstehenden Regierungskonsultationen ernstgenommen und nach einer pragmatischen Lösung für den Sommer gesucht werden.“
Weiterführende Artikel zum Thema:
„Oder grenzenlos? Aufbruch in den deutsch-polnischen Beziehungen“