Energie – ohne die geht nichts

Rein physikalisch gesehen ist jegliche wirtschaftliche Entwicklung von der Nutzung externer Energie abhängig.

In der Steinzeit haben die Menschen die in Biomasse gespeicherte Solarenergie ausschließlich zur Subsistenz, zum reinen Überleben genutzt. Verwendet wurde nur, was die natürlich gewachsene Biosphäre als Überschuss zur Verfügung stellte.

Die erste revolutionäre Veränderung der Wirtschaftsweise bestand in der Umstellung auf Ackerbau und Viehzucht im fruchtbaren Halbmond, in Mittelamerika und in Ostasien. Damit wurde eine erheblich größere Energiemenge nutzbar gemacht; es entwickelten sich gegliederte, arbeitsteilige Gesellschaften. Doch immer noch arbeiteten 90% der Bevölkerung in der Landwirtschaft. Nahezu jegliche physikalische Arbeit (mit Ausnahme von Wasserrädern oder Windmühlen) wurde von Menschen oder Tieren geleistet und war von der Verfügbarkeit ausreichender Mengen physiologisch nutzbarer Energie abhängig. Ein Beispiel: Im April 1815 brach der Vulkan Tambora in Indonesien aus und schleuderte große Mengen Staub, Asche und Schwefelverbindungen in die Atmosphäre. Dies führte auf der gesamten Erde zu einschneidenden Klimaveränderungen; 1816 ging als das „Jahr ohne Sommer“ in die Geschichte ein. Hungersnöte und Überschwemmungen waren die Folge, und ein badischer Forstmeister erfand die Draisine (Vorläufer des Fahrrads) – wie viele andere hatte auch er sein Pferd nicht mehr ernähren können.

Die zweite revolutionäre Veränderung begann mit der Erfindung der Dampfmaschine. Damit wurde die fossil in Form von Kohle gespeicherte Solarenergie für den Menschen nutzbar. Das beispiellose Wirtschaftswachstum, der für breite Schichten in den Industrieländern mögliche Wohlstand und der sprunghafte Anstieg der Lebenserwartung sind eng an die Verwendung fossiler Ressourcen für physikalische Arbeit geknüpft. Legt man die Kurven des weltweiten Bruttosozialprodukts und der Förderung fossiler Energieressourcen übereinander, ist die Abhängigkeit offensichtlich.

 

Nun befinden wir uns an der Schwelle zum postfossilen Zeitalter. Die leicht verfügbaren fossilen Ressourcen neigen sich dem Ende zu: musste man um 1930 noch 1 kWh aufwenden, um Ressourcen mit einem Energieinhalt von 100 kWh zu fördern, liegt der Quotient heute für neu erschlossene Ressourcen bei 1:10 bis 1:20, Tendenz stark abnehmend. Das bedeutet, dass selbst ohne Berücksichtigung der Endlichkeit der Ressourcen die Wertschöpfung zwangsläufig zurück geht. Volkswirtschaftliche Untersuchungen konzentrieren sich zu Unrecht viel zu sehr auf die Betrachtung des Geldes, das ja nur Tauschmittel für Ressourcen, Waren und Dienstleistungen ist. Durch die Umstellung der Berechnungsmodi für Wirtschaftswachstum und Inflation ist der Effekt der abnehmenden Wertschöpfung aus fossiler Energie verdeckt und verzerrt worden. Jedoch wird das Ende der billigen Energie nach Ansicht mancher Ökonomen (Quelle: Dr. Tim Morgan, „Perfect storm; energy, finance and the end of growth.“) bereits in den nächsten 10 – 15 Jahren manche Volkswirtschaften, die einen hohen Prozentsatz ihrer Importausgaben für Energieträger aufwenden, zusammenbrechen lassen. Der einzige Ausweg aus dieser Falle ist die Nutzung unerschöpflicher („erneuerbarer“) Energiequellen. Die Sonne liefert pro Jahr eine Energiemenge von etwa 1,5 * 1018 kWh auf die Erdoberfläche. Pro Stunde entspricht dies dem Jahres-Weltenergiebedarf der Menschheit und kann direkt (Photovoltaik), mittelbar (Windkraftanlagen, Wasserkraft) oder durch Umwandlung in Biomasse (Biogas, Holzhackschnitzel etc.) in Strom gewandelt werden. Wobei letztere Option den schlechtesten Wirkungsgrad aufweist; (speicherbare) Bioenergie sollte deshalb nur als Ausfalloption dienen. Sehr effizient ist die thermische Nutzung in Solarkollektoren: hier können Wirkungsgrade bis zu 90 % erzielt werden.

Der Charme der Energiewende besteht nicht nur in der Nachhaltigkeit ihrer Energieträger. Es ist auch eine gesellschaftliche Veränderung enormer Tragweite. Es steht nichts weniger an als der Übergang von einer Energieversorgung, in der wenige große Konzerne mit zentralen Strukturen das Marktgeschehen bestimmten, zu einer Energiewirtschaft, in der die Grenzen zwischen Erzeugern und Verbrauchern verschwimmen. Mit den Fortschritten in der Informationstechnologie ist eine Anpassung von Angebot und Nachfrage auf kleinteiliger Ebene möglich, die noch vor 10 Jahren niemand für machbar gehalten hätte.

Bildquelle: Agora Energiewende

Das fossile Intermezzo der Menschheitsgeschichte neigt sich unweigerlich seinem Ende zu. Doch nach wie vor werden fossile Stromerzeugung und Atomkraft enorm gefördert: mit Absatzbeihilfen, Bürgschaften, Forschungsausgaben, Zinszuschüssen, Steuerentlastungen, Sanierungskosten, Renaturierung von Tagebauten, Ewigkeitskosten der stillgelegten Kohlebergwerke – you name it, it‘s there. Die externen Kosten wie Klimaschädlichkeit, Flächen- und Ressourcenverbrauch, gesundheitliche Schäden, Lärm, Emissionen werden ohnehin nicht budgetiert. Deshalb muss Schluss sein mit der Subventionierung der Vergangenheit – lasst uns in die Zukunft mit Erneuerbaren und Speichern investieren!