EU-Methanverordnung: EU-Klimaziel rückt in weite Ferne
Mit dem wenig ambitionierten Vorschlag der Europäischen Kommission für eine EU-Methanverordnung können wir die Methanemissionen nicht ausreichend senken, um das EU-Klimaziel zu erreichen. Die Kommission spricht in ihrem Vorschlag ausschließlich die Methanemissionen des Energiesektors an. Und selbst dabei bleibt sie viel zu zaghaft. Denn sie beschränkt sich auf die Emissionen innerhalb der EU und setzt international nur auf das Sammeln von Daten und Freiwilligkeit. Für mich bedeutet das, mich im neuen Jahr dafür einzusetzen, dass die Forderungen des Europäischen Parlaments nicht ungehört bleiben und in die EU-Methanverordnung Einzug finden.
Warum ist Methan so wichtig?
Methan ist ein mächtiges Treibhausgas, das unseren Planeten über einen Zeitraum von 20 Jahren 82 Mal stärker erwärmt als Kohlendioxid (CO2). Trotzdem wurde es bei klimapolitischen Entscheidungen lange stiefmütterlich behandelt. Weil Methan eine so starke Klimawirkung hat, gleichzeitig aber vergleichsweise kurz in der Erdatmosphäre verbleibt, können Maßnahmen zur Emissionsminderung schnell Wirkung zeigen. Laut der Umweltagentur der Vereinten Nationen (UNEP) haben wir bereits die technischen Möglichkeiten und Werkzeuge, um die Methanemissionen bis zum Jahr 2030 um 45 Prozent zu reduzieren. Das bedeutet, dass wir die Erderwärmung um ganze 0,3 Grad Celsius abbremsen könnten – eine einmalige Chance für unser Ziel, die Erwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen!
Was macht die Politik, um den Methanausstoß zu senken?
Im Rahmen des Europäischen Green Deal hat die Europäische Kommission zahlreiche klima- und umweltpolitische Ziele formuliert, um Europa fit für eine nachhaltige Zukunft zu machen. In diesem Zusammenhang veröffentlichte die Europäische Kommission Ende 2020 eine Methanstrategie, in der sie Maßnahmen zur Verringerung des Klimagases skizzierte. Die Erwartungen an die Methanstrategie waren groß, doch am Ende überwog vor allem die Enttäuschung. So sollte nur der Energiesektor in die Pflicht genommen werden, obwohl die Landwirtschaft mit 53 Prozent für den Großteil der Methanemissionen verantwortlich ist. Der Energiesektor macht lediglich rund ein Fünftel der Methanemissionen aus. Auch wollte die Kommission sich mit dem Abfragen, der Berichterstattung und der Verifizierung von Emissionsdaten begnügen. Doch Daten allein senken noch lange keine Emissionen.
Für uns Abgeordnete stand fest, dass wir mit einem eigenen Vorschlag gegensteuern mussten, wenn die EU-Methanverordnung zu einem wirksamen Instrument im Kampf gegen die Klimakrise werden sollte. Ich war für meine Fraktion an den Verhandlungen zum Initiativbericht für eine EU-Methanverordnung beteiligt. Im Oktober dieses Jahres nahm das Europäische Parlament schließlich mit großer Mehrheit einen weitreichenden Vorschlag für eine EU-Methanverordnung an, mit dem wir die Europäische Kommission zu umfassenden Nachbesserungen auffordern.
Obwohl das Thema Methan durch die Staatengemeinschaft lange auf die lange Bank geschoben wurde, initiierten die USA und die EU im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Glasgow den „Global Methane Pledge“, dem sich mehr als 100 Länder anschlossen. Alle waren sich plötzlich einig, dass die Verringerung von Methan ein leicht zu erreichendes Ziel mit großer Wirkung für das Klima ist. Dennoch spiegelt sich dieser Optimismus nicht unbedingt im Global Methane Pledge wieder: Es handelt sich um eine reine Selbstverpflichtung der beteiligten Staaten, deren Umsetzung von niemandem kontrolliert wird. Auch soll der Methanausstoß nach dem Globale Methane Pledge nur um 30 Prozent reduziert werden, obwohl bereits heute viel mehr möglich und auch nötig ist, um die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.
Wie kann die EU-Methanverordnung zum Erfolg werden?
Der Druck des Europäischen Parlaments und das öffentliche Eintreten der EU für eine weltweite Methanreduktion scheinen zumindest kleine Früchte getragen zu haben. Der am 15. Dezember 2021 vorgestellte Vorschlag der Kommission geht zumindest ein wenig über die EU-Methanstrategie von letztem Jahr hinaus. Allerdings erfasst er nach wie vor nur den Energiesektor, also die Methanemissionen aus der Förderung und dem Transport von Erdgas, Kohle und Erdöl. Die Kommission möchte bis 2030 80 Prozent der Methanemissionen aus Öl, Gas und Kohle verringern. So sollen das absichtliche Ablassen oder Abfackeln von Gas endlich weitgehend verboten werden. Methan aus Kohlebergwerken, bekannt als „Grubengas“, muss zukünftig erfasst und mittelfristig aufgefangen werden. Auch für stillgelegte Kohleminen soll es die Verpflichtung zur Messung der Methanemissionen geben. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten für deren Versiegelung lediglich Pläne erstellen – ob diese umgesetzt werden, bleibt offen. Seitens des Parlaments hatten wir gefordert, dass für verlassene Minen, bei denen kein Betreiber ermittelt werden kann, ein Fonds eingerichtet wird, um diese schnell zu verschließen. Ambition fehlt auch bei den Importen. Weil die EU Öl und Gas zu 90 Prozent aus Drittstaaten bezieht, entstehen die meisten damit verbundenen Emissionen außerhalb der EU. Das Parlament hatte gefordert, die Importeure nicht außen vor zu lassen. Sie sollten in gleicher Weise wie die heimischen Firmen verpflichtet werden, ihre Emissionen zu messen und zu veröffentlichen. Mittelfristig sollten Importgenehmigungen davon abhängig gemacht werden, dass die Firmen ihre, Gasleckagen schließen und das Ablassen und Abfackeln unterlassen. Die Kommission bleibt hinter diesen Forderungen zurück. Sie möchte lediglich Daten sammeln, und mittelfristig auf eine Kennzeichnung setzen. Damit schiebt sie die Verantwortung auf Verbraucherinnen und Verbraucher ab, die dann eine angeblich transparentere Entscheidung treffen können, von wem sie ihr Gas beziehen möchten. Das mag für die Großverbraucher in der Industrie möglich sein, aber für normale Haushalte nur durch detektivische Kleinarbeit. Denn sie müssten herausfinden, von welchen Großhändlern ihr Lieferant Gas eingekauft hat. Das ist wenig zielführend. Statt angeblicher Wahlfreiheit brauchen wir verpflichtende Regelungen!
Wie gesagt konzentriert sich der Verordnungsvorschlag auf den Energiesektor, obwohl der Löwenanteil des Methans aus der Landwirtschaft stammt. In den kommenden Verhandlungen werde ich mich dafür einsetzen, dass die Reduktionspflichten auf alle Methan ausstoßenden Sektoren ausgeweitet werden. Wir brauchen einen systemischen Wandel, vor allem in der Landwirtschaft. Die weltweit mehr als zwei Milliarden Wiederkäuer verursachen 80 Prozent des landwirtschaftlichen Methanausstoßes. Die Industrie plädiert natürlich für technische Lösungen wie Filteranlagen in Ställen oder gentechnisch veränderte Futterzusätze. Aus meiner Sicht sollte stattdessen das Konsumverhalten adressiert werden; wir brauchen Anreize für eine stärker pflanzenbasierte Ernährung. Denn die Methanemissionen sind wahrhaftig nicht das einzige Problem der Massentierhaltung!
Methan hat den Weg in die politischen Agenden endlich gefunden, doch das Bewusstsein in Medien und Öffentlichkeit ist noch gering. Hierfür brauche ich im neuen Jahr deshalb Eure Unterstützung: Macht auf das Thema Methan aufmerksam, damit ich bei den anstehenden Verhandlungen die Forderungen des Europäischen Parlaments in die EU-Methanverordnung verhandeln kann.
Zum Weiterlesen:
- Vorschlag der EU-Kommission für eine EU-Methanverordnung: https://ec.europa.eu/energy/sites/default/files/proposal-methane-emission-reductions-regulation.pdf
- Forderungen des Europäischen Parlaments für eine EU-Methanverordnung: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0436_DE.html
- Mein Gastbeitrag im Tagesspiegel: https://background.tagesspiegel.de/energie-klima/methanemissionen-in-der-eu-nicht-nur-reden-auch-was-tun
- Alle Artikel zu Methan auf meiner Homepage: https://www.jutta-paulus.de/?s=Methan