Ewigkeitschemikalien (“PFAS”): Weg mit dem Gift!

Das Thema Ewigkeitschemikalien begleitet mich seit Beginn dieser Legislaturperiode 2019. Das zugrundeliegende Problem ist selbstverständlich älter. Einer der Gründe, warum ich 2019 für das Europaparlament kandidiert habe, war der Wille, für eine giftfreie Umwelt zu kämpfen und. Für ein klimaneutrales Europa brauchen wir auch eine nachhaltige, kreislauforientierte Chemieindustrie – es gilt, die Chemiewende einzuleiten. 

Doch die EU-Kommission hat die Vorstellung der dringend benötigten novellierten EU-Chemikalienverordnung „REACH“ auf Ende 2023 geschoben! Das bedeutet, dass es vor den Europawahlen im Juni 2024 keine Verabschiedung der REACH-Verordnung geben wird. Ob REACH in der neuen Legislaturperiode überhaupt wieder auf die Tagesordnung kommt, ist nicht gesichert. 

Wir Grünen/EFA im Europäischen Parlament kämpfen dafür, dass die Versprechen des Green Deal vollständig eingelöst werden. Der Kommissionsentwurf für die Neufassung der EU-Chemikalienverordnung muss noch vor dem Sommer auf dem Verhandlungstisch liegen! 

Die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“ PFAS – per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen – sind ein Paradebeispiel für die Schwerfälligkeit und die gefährlichen Lücken der aktuell geltenden EU-Chemikalienverordnung (dazu unten mehr). Vor einigen Monaten hat das „Forever Pollution Project“, ein Zusammenschluss investigativ arbeitender Journalisten, aufgedeckt, dass mehr als 17.000 Altlasten in der Europäischen Union mit PFAS verseucht sind, die teilweise schon ins Grundwasser eingedrungen sind. Im Blut fast aller europäischen Jugendlichen sind PFAS nachweisbar, bei jedem vierten jungen Menschen werden gesundheitsschädliche Mengen gefunden. Deshalb haben wir Grünen/EFA uns dafür stark gemacht, dass das Europäische Parlament über Ewigkeitschemikalien debattiert, genauer gesagt darüber, wie „Menschen gesund, das Wasser trinkbar und der Boden bewohnbar bleibt“. 

Damit Ewigkeitschemikalien nicht zur Ewigkeitsdebatte verkommen, muss Europa endlich handeln. Runter von der Bremse und Vollgas bei der Chemiewende!

Die Aufzeichnung der Debatte von Mittwochnachmittag ab 13 Uhr kann hier angeschaut werden. Und hier zum Nachlesen.

Was sind PFAS?

Per- und Polyfluorierte Alkyl-Substanzen („PFAS“), auch bekannt als Ewigkeitschemikalien sind synthetische Chemikalien, die breite Anwendung im Alltag finden, sich jedoch auf sehr lange Zeit in der Umwelt anreichern und zahlreiche Gesundheitsschäden verursachen können, darunter Krebs, Leberschäden, Störungen des Hormonsystems oder eine verminderte Fruchtbarkeit. Verseuchte Böden und belastetes Grundwasser beeinträchtigen die Gesundheit vieler nachkommender Generationen.

PFAS befinden sich beispielsweise in Einweggeschirr, der Teflon-Beschichtung von Bratpfannen, in Sport- und Funktionskleidung, Elektronik, Bauprodukten, Kühlmitteln in z.B. Kühlschränken oder Klimaanlagen, in der Beschichtung von Skiern und Snowboards sowie in Feuerlöschschaum – die Liste kann noch lange fortgeführt werden. 

Die öffentliche Sensibilisierung über die Giftigkeit und Gefährlichkeit der „PFAS“ hat glücklicherweise zugenommen. Geändert hat sich allerdings fast nichts. Es gibt rund 5000 verschiedene PFAS, von denen lediglich vier von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA verboten wurden. Dies ist eins der Probleme in der aktuellen Fassung der EU-Chemikalienverordnung REACH: Wird eine PFAS-Substanz nach einem langwierigen Prozess verboten, steigen die Hersteller einfach auf eine andere um. Auch wenn Substanzen sehr ähnlich strukturiert sind und demzufolge auch ähnliche Eigenschaften haben, können sie nicht als Gruppe reguliert werden. Alle 5000 Stoffe einzeln zu begutachten und zu beschränken würde bis weit ins nächste Jahrhundert dauern. 

Wie können PFAS besser reguliert werden?

Wir Grüne/EFA fordern einen Gruppenansatz zur Regulierung von PFAS und anderer Substanzen. Ebenso muss es eine gemeinsame Beurteilung der Gefährlichkeit von Stoffen geben, nicht jeweils eine eigene für verschiedene Richtlinien wie zum Beispiel die Detergentien-Verordnung oder die Biozid-Verordnung.

Damit die REACH-Verordnung in Zukunft einen Gruppenansatz festschreiben kann, muss sie novelliert werden. Im Europäischen Green Deal hat die Europäische Kommission dies auch versprochen, doch die Vorstellung der Gesetzesinitiative wurde immer weiter in die Zukunft verlegt. Der aktuelle Plan, erst Ende 2023 einen neuen REACH-Vorschlag zu veröffentlichen, würde bedeuten, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr abgeschlossen werden kann. Wir fordern, dass die EU-Kommission den Vorschlag für die neue REACH-Verordnung noch vor dem Sommer auf den Tisch legt! Die Umsetzung der Strategie für nachhaltige Chemikalien aus dem Jahr 2020 ist überfällig. Viele progressive Akteure aus der Industrie warten auf klare Leitplanken für ihre Investitionen. 

REACH ist und bleibt die Grundlage für die Regulierung von Substanzen. Unabhängig vom noch ausstehenden Kommissionsvorschlag läuft seit kurzem eine Prüfung für die Regulierung von PFAS. Mehrere Länder konnten und wollten nicht länger warten, während immer mehr Chemikalien in der Umwelt landen. Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Schweden und Norwegen haben bei der Europäische Chemikalienagentur (ECHA) Anfang 2023 einen historischen Vorschlag zur Regulierung von PFAS als Substanzgruppe eingereicht. 

Bis September 2023 läuft eine öffentliche Konsultation, bei der Betroffene und Experten ihre Einschätzung für eine mögliche Regulierung der ECHA mitteilen können. Nach Ablauf der öffentlichen Konsultation wird der Vorschlag wissenschaftlich untersucht werden, was in etwa ein Jahr dauern wird, also bis Herbst 2024. Unter Berücksichtigung der ECHA-Stellungnahmen entscheiden die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten dann über mögliche Beschränkungen, voraussichtlich 2025. Hier kommt dann die neue REACH-Verordnung ins Spiel, die bis dahin fertig verhandelt und angenommen sein muss! 

LINKS:

Grüner Aktionsplan für eine nachhaltige Chemiewende.

Mein Webinar zu PFAS zum Nachschauen.

Öffentliche Konsultation der ECHA zur Regulierung von Ewigkeitschemikalien PFAS.