Gedanken zur Sonnenblume

Die Symbolpflanze von uns Grünen begleitet den Menschen schon seit der Steinzeit. Jäger-und-Sammler-Kulturen der Eiszeit haben die ölreichen, lagerfähigen Kerne gern zur Ergänzung ihres Speisezettels genutzt. Die Menschen, die vor Jahrzehntausenden in Spanien und Frankreich Höhlenwände bemalten, Mammuts mit Speeren jagten und ihre Toten bestatteten, gehören ebenso zur Gattung Homo sapiens wie wir. Vermutlich haben sie ähnlich geliebt, gelacht und gelitten, wenn auch ihr Alltag ganz anders aussah als der unsrige. Denn unser evolutionäres Erbe hat uns nicht darauf vorbereitet, die herrschende Spezies zu sein. Wir waren eigentlich immer ziemlich klein, schwach und langsam, nur zusammen stark genug, in einer Welt voller zähnefletschender flinkfüßiger Beutegreifer zu überleben. Deshalb galt (und gilt!) unsere Sorge und unsere Aufmerksamkeit den akuten Gefahren und weniger dem, was sich über lange Zeiträume abspielt; primär der eigenen Sippe und weniger denen, die weiter entfernt wohnen und mit denen wir weniger Gene teilen. In einer Welt mit mehr als sieben Milliarden Menschen, knapper werdenden Ressourcen und Abfällen, die sich nicht wieder in den Kreislauf des Lebens einfügen, reichen uralte Instinkte und Verhaltensweisen nicht mehr aus, unser Überleben zu sichern.

Der Weg zur Spitze der Nahrungskette begann mit der Erfindung von Ackerbau und Viehzucht in der  Jungsteinzeit. Archäologische Ausgrabungen haben gezeigt, dass der Mensch die Sonnenblume seit über 4500 Jahren kultiviert. 2500 v. Chr. wurde sie auf dem Gebiet des heutigen Mexico City angebaut und von den Inka als Gottessymbol verehrt. Die Sonnenblume kommt jedoch ursprünglich aus dem südlichen Kanada und war von Nord- bis Mittelamerika verbreitet, bevor sie 1522 mit nach Europa gebracht wurde.

In Europa wurden die Kerne der Pflanze ab dem 17. Jahrhundert als Zusatz für Backwaren verwendet, aber auch geröstet als Ersatz für Kaffee und Kakao. Erst später, ab dem 19. Jahrhundert, setzte sich die Nutzung als Ölpflanze durch. Die Inhaltsstoffe der Kerne sind für uns Menschen sehr zuträglich: sie enthalten neben mehrfach ungesättigten Fettsäuren auch Vitamin E, Vitamin A, Vitamin B, Vitamin F, Karotin, Calcium, Magnesium und Iod. Auch für Vögel sind die Sonnenblumenkerne eine willkommene Nahrungsquelle.

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Die Pflanze benötigt zum guten Gedeihen sonnige, humus- und nährstoffreiche Böden – eine Ressource, die durch Oberflächenversiegelung und Degradation durch zu starke Bodenbearbeitung immer rarer wird. Der Großteil der weltweiten Sonnenblumenproduktion stammt heute aus der Ukraine, Russland, China und den USA.

Bemerkenswert sind noch zwei ganz besondere Eigenschaften: Sonnenblumen sind heliotrop, ihre Knospen wenden sich immer der Sonne zu. Diese Eigenschaft geht beim Aufblühen verloren. Dafür wird die zweite Eigenschaft sichtbar: die Röhrenblüten, aus denen sich später die Kerne entwickeln, sind im sogenannten „Goldenen Winkel“, verwandt mit der Fibonacci-Zahlenreihe, zueinander angeordnet.