Plastik – die Historie

Wie kam das Plastik in die Welt?

Bereits im 19. Jahrhundert wurden Kunststoffe industriell gefertigt; dabei handelte es sich um biobasierte Kunststoffe. Aus Naturkautschuk wurde durch Zusatz von Schwefel Gummi hergestellt und zunächst nur für Handschuhe verwendet. Zelluloid wurde 1869 als kostengünstige Alternative zu Elfenbein erfunden und besteht aus Cellulosenitrat („Schießbaumwolle“) und Kampfer. Es fand schnell weite Verbreitung, wird aber heute aus Sicherheitsgründen (Brennbarkeit, Gefahr der Spontanentzündung) kaum noch hergestellt – außer für Tischtennisbälle. Galalith aus Milcheiweiß ähnelte tierischem Horn und wurde für Knöpfe, Kämme oder auch elektrische Isolatoren verwendet. Das knisternde Cellophan oder Zellglas war einer der ersten Kunststoffe, die zur Verpackung von Lebensmitteln eingesetzt wurde. Wer gern Marmelade selbst einkocht, hat vielleicht Einmachfolien aus Cellophan im Haus. Reines Zellglas ist biologisch abbaubar, heute werden Cellophanfolien allerdings meist mit nicht abbaubaren Kunststoffen beschichtet.

Der erste vollsynthetische, also komplett künstlich hergestellte Kunststoff war das Bakelit. In alten Filmen, vielleicht auch noch im Sperrmüll, in Kellern oder auf Dachböden findet man die typischerweise schwarzen Telefone, Lichtschalter oder Radios aus dem 1907 patentierten Stoff. Bakelit ist ein Kunstharz aus den giftigen Ausgangsstoffen Phenol und Formaldehyd; das fertige Produkt ist ungiftig, widerstandsfähig gegenüber Säuren und Laugen und sehr langlebig. Allerdings ist Bakelit spröde: es zerbricht leicht, wenn es mechanisch beansprucht wird.

Der „Siegeszug“ der Kunststoffe begann in den 50er Jahren, nachdem durch Forschung die Struktur der Moleküle aufgeklärt worden war und mit der Ausweitung der Ölförderung ein günstiger Ausgangsstoff zur Verfügung stand. Vor allem aber konnten mit neuen Verarbeitungsverfahren thermoplastische (durch Wärme verformbare) Kunststoffteile in nahezu jeder beliebigen Form und Farbe billig hergestellt werden. 1950 wurden zwei Millionen Tonnen Kunststoff weltweit hergestellt, heute sind wir bei ca. 300 Millionen Tonnen. Seit 1950 wurden geschätzt 6,3 Milliarden Tonnen Plastikmüll produziert – und weniger als 10 Prozent wieder verwertet.

Weil Menschen sich eigentlich nie Gedanken über Probleme machen, die nicht unmittelbar auftreten, wurde an „alternativen“ Kunststoffen erst in den 80er Jahren geforscht. Dabei sind „Bio-Kunststoffe“ nicht notwendigerweise biologisch abbaubar: Polyethylen (bspw. Frischhaltefolie) oder Polystyrol (Styropor®) können auch aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, sind aber deshalb nicht kompostierbar. Umgekehrt können auch aus Erdölbestandteilen biologisch abbaubare Kunststoffe wie bestimmte Polyester (Kunstseide) hergestellt werden.

In der Europäischen Union sind Kunststoffe vergleichsweise wenig reguliert. Erst in diesem Jahr hat die Kommission ein Strategiepapier veröffentlicht, das zur Reduzierung des Plastikmülls beitragen soll. Allerdings bleibt das Papier weit hinter den eigentlich erforderlichen Maßnahmen zurück. Es bräuchte – ähnlich wie bei der Chemikaliengesetzgebung – einen risikobasierten Ansatz. Und natürlich feste Vorgaben für Anteile an recyceltem Plastik in der Produktion.