Plenarsitzung des Europäischen Parlaments Mitte Oktober: Meine Schwerpunkte

Im Oktober trifft sich das Europäische Parlament traditionell zweimal zur Plenarsitzung in Straßburg. Denn zwölf Sitzungen müssen gemäß den Europäischen Verträgen in Straßburg stattfinden, und im August finden keine Sitzungen statt. Diese Woche stehen nachhaltige Kraftstoffe, die UN-Klimakonferenz und erneut der Ukrainekrieg und die Energiepreiskrise im Fokus. Hier geht’s es zur Tagesordnung und hier zur Live-Übertragung der gesamten Sitzung.

Eine Auswahl meiner Agendapunkte von heute bis Donnerstag, 20. Oktober:

 

Nachhaltige Kraftstoffe: ReFuelEU Maritime und AFIR

Jeder Sektor muss seinen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgase und zur Erreichung der EU-Klimaziele leisten. Als Teil des Europäischen Green Deals und des Fit for 55-Pakets für ein EU-Treibhausreduktionsziel von 55 % bis 2030 soll auch der Verkehr zu Land, zu Wasser und in der Luft klimafreundlicher werden. Diese Woche stehen zwei Gesetze zur Abstimmung, die die Position des Europäischen Parlaments vor den Verhandlungen mit Rat und Kommission festlegen werden: Die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) sowie die Verordnung über die Verwendung kohlenstoffarmer Kraftstoffe im Schiffsverkehr (FuelEU Maritime).

Der Schiffsverkehr von oder nach Häfen im Europäischen Wirtschaftsraum verursacht rund elf Prozent der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in der EU und drei bis vier Prozent der Emissionen insgesamt. FuelEU Maritime hat zum Ziel, die Verwendung nachhaltiger alternativer Kraftstoffe in der Schifffahrt und in den Häfen zu steigern. Doch statt diesem Ziel gerecht zu werden, hat die Kommission eine wenig ehrgeizige Vorlage geliefert. Trotz fachlich fundierter und ausgewogener Verbesserungsvorschläge aus dem Umwelt- und dem Industrieausschuss, hat eine Mehrheit im federführenden Verkehrsausschuss die zur Abstimmung stehende Vorlage so verwässert, dass sie nicht nur ohne Anspruch auf Klimaneutralität ist, sondern unzähliger Ausnahmeregelungen enthält. So widerspricht der am Mittwoch zur Abstimmung vorgelegte Text den EU-Klimazielen und dem Europäischen Green Deal. Sogar die Industrie ist entsetzt, da sie sich endlich Planungssicherheit für eine zukunftsfähige Schifffahrt wünscht.

Es ist unbegreiflich, warum Konservative, Liberale und Sozialdemokraten eine derartige Verschlechterung des Gesetzes anstreben und dafür sogar gegen ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen in Umwelt- und Industrieausschuss stimmen. Ich werde Änderungsanträge auf den Weg bringen, um die Ziele zur Treibhausgasintensität nachzubessern. Wir brauchen ein 100 Prozent Reduktionsziel bis 2050 und ein 10 Prozent Ziel bis 2030. Außerdem Quoten für die Verwendung von eFuels, stärkere Vorgaben für die Nutzung von Landstrom und eine Ausweitung des Umfangs auch auf kleinere Schiffe.

Bei der AFIR-Verordnung werden wir diese Woche über eine nutzerfreundlichere Ladeinfrastruktur abstimmen, um Treibhausgase und Luftverschmutzung zu verringern und Verbraucherinnen und Verbraucher zu entlasten. Wie bei FuelEU Maritime hat die Kommission aber auch hier verflüssigtes Erdgas (LNG) für den Straßen- und den Seeverkehr eingeplant. Das ist kurzsichtig, denn statt auf neue Abhängigkeiten zu setzen, muss Europa unabhängig von fossilen Importen werden.

Wann? Debatte am Montag (17. Oktober) ab 17 Uhr, Abstimmung am Mittwoch

 

Debatte zu sozialen und wirtschaftlichen Kriegsfolgen und die Einführung einer Übergewinnsteuer

Vorletzte Woche hat das Europäische Parlament eine Resolution zur Energiepreiskrise angenommen. Wir Grüne hatten dagegen gestimmt, denn die unzureichenden Maßnahmen, die darin vorgeschlagen wurden, sind keine adäquate Antwort auf explodierende Energiepreise und die toxische Abhängigkeit von russischen fossilen und nuklearen Energieträgern. Diese Resolution war die einzige Chance des Parlaments, ein starkes Signal an Kommission und EU-Mitgliedstaaten zu senden, denn bei den Verhandlungen über Maßnahmen gegen die Energiepreiskrise müssen wir Abgeordnete draußen bleiben. Jetzt warten wir also auf einen konkreten Vorschlag von Kommission und Rat, der am Dienstagmorgen endlich kommen soll.

Wir Grüne fordern, dass Übergewinne bei Verbraucherinnen, Verbrauchern und Unternehmen ankommen müssen, die am meisten an den durch die Decke gehenden Energiekosten leiden. Statt nationale Süppchen zu kochen und sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, müssen die EU-Mitgliedstaaten zukünftig gemeinsam Energie einkaufen und die Importpreise für Gas deckeln können.

Wann? Vorstellung der neuen Maßnahmen durch die Kommission am Dienstagmorgen, Debatte des Europäischen Parlaments am Dienstagvormittag ab 9 Uhr, ohne Abstimmung

 

UN-Klimakonferenz 2022 (COP27) in Sharm-el-Sheikh

Mit den bestehenden Klimamaßnahmen der Weltgemeinschaft werden bis 2030 doppelt so viele Treibhausgase in die Erdatmosphäre entlassen wie für die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius noch vertretbar wären. Somit rast die Menschheit nach wie vor auf eine katastrophale Erderwärmung von 2,7 Grad Celsius zu.

Statt das Abkommen bei der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow einzuhalten, haben nicht einmal 20 Länder die in Schottland versprochenen höheren Klimaziele vorgelegt. Auch in der Europäischen Union mahlen die Mühlen unnötig langsam. Die EU-Mitgliedstaaten bremsen bei den Verhandlungen des „Fit for 55“-Pakets und gefährden so die Erreichung des selbstgesteckten EU-Klimaziels einer Treibhausgasemissionsreduktion von 55 Prozent bis 2030.

Bereits heute beobachten wir die katastrophalen Folgen der Erderhitzung. Dürren, Brände, Fluten und Extremwetterereignisse vernichten Hab und Gut, stürzen Menschen in Armut,  und zerstören Ökosysteme. Doch statt die Staaten im Globalen Süden, die die Klimakrise am härtesten treffen wird, zu unterstützen, stellen sich reiche Industrieländer bei der dringend benötigten Finanzierung quer.

Das Europäische Parlament stimmt diese Woche über das Verhandlungsmandat seiner Delegierten zur 27. UN-Klimakonferenz COP27 in Sharm-el-Sheikh ab. Wir Grüne kämpfen dafür, dass dieses Mandat die Maßnahmen enthält, die für eine Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius nötig sind. Zudem braucht es ein Arbeitsprogramm zur Anpassung an die unausweichlichen Folgen der Erderhitzung sowie ein Finanzierungsinstrument für „Loss and Damage“, also Schäden und Verluste. Die Nutzung fossiler Brennstoffe gefährdet Leib und Leben. Deshalb braucht die Weltgemeinschaft einen Nichtverbreitungsvertrag für Öl, Kohle und Gas. Die EU und andere reiche Industrieländer müssen die bereits versprochenen 100 Milliarden US Dollar für die weltweite Klimafolgenmilderung, Klimafolgenanpassung, und die Finanzierung von Klimaschäden und Verlusten endlich auf den Tisch legen. Finanzielle Unterstützung für arme und besonders gefährdete Länder ist keine Wohltätigkeit, sondern wichtig für den Schutz von Menschenleben weltweit.

Wann? Debatte am Montag (17. Oktober) ab 17 Uhr, Abstimmung am Donnerstag

 

Arbeitsprogramm der EU-Kommission für das Jahr 2023

Am Dienstagmorgen wird die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für das kommende Jahr vorstellen. Nachdem die Revision der Europäischen Chemikalienverordnung (REACH) bereits von 2022 auf das erste Quartal 2023 verschoben wurde, erwarten Gesundheits- und Umweltschützer aus ganz Europa ungeduldig den neuen Kommissionsvorschlag.

Plötzlich sind Gerüchte im Umlauf, REACH werde nochmals auf die lange Bank geschoben und der Kommissionsvorschlag käme erst Ende 2023. Das würde bedeuten, dass es nicht mehr möglich sein wird, den lange überfälligen Schutz der europäischen Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitsschädlichen Stoffen noch in diesem Mandat zu verbessern. Die Revision der REACH-Verordnung fiele sozusagen aus dem Europäischen Green Deal heraus.

Die Gesundheit Hunderter Millionen Europäerinnen und Europäer darf nicht länger aufgeschoben werden! Ich erwarte, dass die Europäische Kommission REACH so bald wie möglich auf den Weg bringt!

Wer mehr darüber erfahren will, wie eine nachhaltige EU-Chemikalienstrategie aussehen muss und warum wir die neue REACH-Verordnung so schnell wie möglich brauchen, der schaue hier: https://www.jutta-paulus.de/aktionsplan-fuer-die-europaeische-chemiewende-nachhaltig-wettbewerbsfaehig-schadstofffrei/

Wann? Debatte am Dienstagnachmittag ab 15 Uhr