Warum ich die „Contain Covid“ Initiative unterstütze

Die Corona-Pandemie hat die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hart getroffen. Heute, ein Jahr nach dem ersten gesicherten Covid-Fall in der EU, sterben täglich Tausende, Betriebe müssen aufgeben, die anhaltenden Kontaktbeschränkungen zermürben die Menschen. Und auch, wenn mittlerweile zwei Impfstoffe zugelassen werden konnten und das Impfen begonnen hat, ist noch lange kein Ende in Sicht.

Seit Monaten hangeln wir mit den allernotwendigsten Beschränkungen am Rande der Kapazitäten des Gesundheitswesens entlang, auf dem Rücken der Pflegekräfte und der Ärztinnen und Ärzte. Wir nehmen in Kauf, dass sich Särge in Lagerhallen stapeln, Kinder ihre Großeltern verlieren und ein beunruhigender Anteil derer, die die Krankheit überleben, Langzeitschäden davontragen. Ich halte das für falsch.

Deshalb unterstütze ich die „Contain Covid“ Initiative, die vor Weihnachten den Aufruf zur europaweiten schnellen und nachhaltigen Eindämmung der Fallzahlen veröffentlicht hat (https://www.containcovid-pan.eu/). Dass niedrige Fallzahlen besser sind als hohe, leuchtet jedem unmittelbar ein. Vielfach wird jedoch bezweifelt, dass eine Reduktion auf einen Inzi¬denz¬wert von 10 überhaupt möglich ist. Hier lohnt ein Blick über den europäischen Tellerrand hinaus.

Es sind eben nicht nur Inseln wie Neuseeland, Australien und Taiwan, sondern auch Länder wie Vietnam und Thailand, die den Ausbruch erfolgreich in den Griff bekommen haben. Dabei sind gute und stringente Kommunikation und Unterstützungsangebote der Schlüssel. Der Erfolg aller Maßnahmen hängt entscheidend von der Kooperation und Beteiligung der Bevölkerung ab. Werden die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile niedriger Fallzahlen klar kommuniziert, wird das die Kooperationsbereitschaft stark erhöhen. Je stärker wir den R-Wert, also die Übertragungsrate, senken, desto schneller sinken die Fallzahlen. Bei sehr niedrigen Zahlen, wie wir sie im letzten Sommer hatten, braucht es keine starken Kontaktbeschränkungen mehr, sondern nur eine Überwachungsstrategie und sofortiges entschlossenes Handeln, wenn Infektionen wieder aufflackern.

So wichtig es ist, die Risikogruppen möglichst rasch durch Impfung zu schützen: aus der jetzigen Situation „herausimpfen“ können wir uns nicht. Aktuell werden in Deutschland knapp 100.000 Impfdosen pro Tag verabreicht. Selbst bei Steigerung auf eine Million Impfungen pro Tag würde es bis Ende April dauern, um eine Durchimpfung von 70 % mit den erforderlichen zwei Impfdosen zu erreichen.

Die Europäische Union muss sich als gemeinsamer epidemiologischer Raum begreifen. Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 21. Januar hat sich leider nur mit Einzelaspekten wie gegenseitiger Anerkennung von Testzertifikaten und mehr Sequenzierung zur Erkennung von Mutationen befasst, statt das Problem grundsätzlich anzugehen. Dafür sind koordinierte Maßnahmen erforderlich, sonst kommt es zu Ausweichbewegungen, weil Menschen beispielsweise einfach in anderen Mitgliedsstaaten einkaufen. Für die Einreise an den Schengen-Außengrenzen muss ein negativer PCR-Test endlich verpflichtend werden, und es gilt, ein Quarantäne-System einzuführen.

Und last but not least: Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind. Solange das Virus nahezu überall auf der Welt grassiert, besteht die Gefahr, dass sich ein Stamm entwickelt, der gegen die Impfstoffe resistent ist. Deshalb muss die Covax-Initiative der WHO, mit der ärmeren Ländern kostengünstig Impfstoffe zur Verfügung gestellt werden, mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattet werden. Und es braucht eine Ausnahmeregelung vom internationalen TRIPS-Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums, um wirksame Impfstoffe schnellstmöglich weltweit produzieren zu können.

 

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