Die Erhöhung der Grenzwerte für das Fungizid Flutianil muss gestoppt werden!

Mein Einspruch gegen den Vorschlag der Kommission, die Grenzwerte für das Fungizid Flutianil in importiertem Obst und Gemüse zu erhöhen, wurde im Umweltausschuss angenommen, die Abstimmung im Plenum steht aber noch aus!

Das Fungizid Flutianil ist in der EU zur Bekämpfung des Echten Mehltaus und zur Hemmung von Pilzerkrankungen und -infektionen in Wirtspflanzen zugelassen, wird jedoch nicht in Produkten eingesetzt. Die erlaubte Rückstandsmenge (maximum residue level, MRL) wurde daher auf den Standardwert 0,01 mg/kg gesetzt, in aller Regel stellt dies die Bestimmungsgrenze der analytischen Messgeräte dar. Damit ist eine Verwendung in den meisten Fällen ausgeschlossen, da sonst dieser Grenzwert überschritten werden. Die Internationale Union für reine und angewandte Chemie (IUPAC) stuft Flutianil als endokrinen Disruptor, also hormonähnlich wirkende Substanz, und mögliches Leber- und Nierengift ein. Die gemeinsame Expertensitzung von Welternährungsrat (FAO) und Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Pestizidrückstände (JMPR) bewertete ein Abbauprodukt von Flutianil, den Metaboliten 2-Fluor-5-(trifluormethyl)benzolsulfonsäure (OC56635) als “fettlöslich”, was darauf hindeutet, dass diese Substanz vom Körper aufgenommen und in Leber und Fettgewebe gespeichert und angereichert werden kann.

Aktuell hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Grenzwerte für Flutianil in Äpfeln, Süßkirschen, Erdbeeren, Gurken und Zucchini anzuheben (auf 0,15 / 0,4 / 0,3 / 0,03 / 0,03 mg/kg), um den Import dieser Produkte aus den Vereinigten Staaten zu erleichtern. (Draft Commission regulation amending Annex II to Regulation (EC) No 396/2005 of the European Parliament and of the Council as regards maximum residue levels for flutianil in or on certain products (D076996/03 – 2022/2524(RPS)). Das ist für uns Grüne inakzeptabel! Weder ist die Verwendung dieses potentiell gefährlichen Produkts, bei dessen Zulassung mehrfach auf die Notwendigkeit von weiteren Studien hingewiesen wurde, alternativlos, noch sind die USA der einzige Lieferant für die betreffenden Lebensmittel. Im Gegenteil, diese Obst- und Gemüsesorten wachsen sehr gut auch bei uns. Eine Anhebung von Grenzwerten ausschließlich zum Abbau von „Handelshemmnissen“ widerspricht unserer Ansicht nach dem Vorsorgeprinzip.

Deshalb habe ich zusammen mit den Abgeordneten Maria Arena (Socialists and Democrats), Sirpa Pietikäinen (European People’s Party) und Mick Wallace (The Left) Einspruch gegen den Vorschlag der EU-Kommission eingelegt. (ENVI – Objection – maximum residue levels for flutianil in or on certain products (D076996-03))
Dieser Einspruch wurde am 15.03.2022 im Umweltausschuss abgestimmt und mit knapper Mehrheit angenommen. Jetzt steht noch die Plenarabstimmung an – vermutlich wird es wieder sehr eng.

Unsere Forderungen in Kürze:

  • Wir begrüßen es, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA an Methoden zur Bewertung kumulativer Wirkungen von Pestiziden und Rückständen arbeitet und fordern daher EFSA und die Kommission auf, diese Arbeit schnellstmöglich abzuschließen.
  • Wir fordern die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine aktualisierte Risikobewertung des Wirkstoffs Flutianil hinsichtlich der menschlichen Gesundheit vorzunehmen. Die Behauptung der EFSA, dass Flutianil keine hormonähnliche Wirkung hat, muss mit Daten und Fakten hinterlegt werden. Die Daten sollten veröffentlicht werden – mögliche gesundheitsschädliche Wirkungen dürfen kein Betriebsgeheimnis sein.
  • Wir fordern die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, eine aktualisierte Risikobewertung bezüglich der Wirkung in der Umwelt vorzulegen. Es fehlen Studien, wie Flutianil auf Boden- und Wasserlebewesen wirkt. Auch die Langzeitwirkung von Rückständen in Böden und Gewässern muss überprüft werden. Alle in die Beurteilung einfließenden Studien müssen der Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
  • Wir fordern, dass der Grenzwert von 0,01 mg/kg nicht verändert wird.