Gesunde Umwelt, gesundes Leben: Wie die Umwelt die Gesundheit und das Wohlbefinden in Europa beeinflusst – Bericht der europäischen Umweltagentur 2020
Auch in Rheinland-Pfalz lässt sich im Vergleich von 1960 zu 2017 ein Anstieg der Krebserkrankungen feststellen. Bei 39 % der Krebserkrankungen bei Männern sind Umweltschäden die Ursache. Mit zunehmender Umweltbelastung steigt auch die Gesundheitsgefährdung der Menschen.
Zusammenfassung und Übersetzung von Kapitel 1 und 2 des Berichts der europäischen Umweltagentur zur Umwelt und Gesundheit in Europa
Die Gesundheit und das Wohlbefinden der europäischen Bürger werden durch Aspekte ihres täglichen Lebens bestimmt, einschließlich der wirtschaftlichen Umstände, der sozialen Dynamik und der Qualität ihrer natürlichen und Lebensumwelt. Dieser Bericht untersucht den Einfluss der Umwelt auf Gesundheit und Wohlbefinden und beleuchtet, wie sozioökonomische Faktoren diesen Einfluss vermitteln. Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) deuten darauf hin, dass im Jahr 2012 in den 28 Mitgliedstaaten der EU (EU-28) mindestens 13 % aller Todesfälle auf Umweltstressoren zurückzuführen sind, was einer Gesamtzahl von 630.000 umweltbedingten Todesfällen entspricht. Etwas mehr als ein Drittel der Fälle von gefäßbedingten Herzkrankheiten und 42 % der Schlaganfälle könnten durch eine Verringerung oder Beseitigung der Exposition gegenüber Chemikalien aufgrund von Luftverschmutzung der Außen- und Innenluft, Passivrauchen und Blei verhindert werden.
Gesundheit ist ungleich verteilt
Während alle Bürger von Umweltrisiken betroffen sind, sind sozial benachteiligte und verletzliche Gruppen unverhältnismäßig stark betroffen, was die bestehenden Ungleichheiten noch verschärft. Sozial benachteiligte Gemeinschaften sind einer höheren Belastung durch Umweltverschmutzung ausgesetzt, insbesondere betroffen sind die Bürgerinnen und Bürger in ärmeren Regionen der Europäischen Region durch eine hohe Luftverschmutzung großen Lärm sowie hohe Temperaturen. Darüber hinaus sind Gruppen mit niedrigerem, sozioökonomischen Status tendenziell stärker von diesen umweltbedingten Gesundheitsgefahren betroffen. Ärmere Gemeinschaften sind auch verletzlicher, da sie es sich weniger leisten können, sich vor Umweltstressoren zu schützen, z.B. durch den Einbau von Klimaanlagen in heißen Sommern. Es ist weniger wahrscheinlich, dass sie ihre Häuser nach Überschwemmungen wiederaufbauen oder in ein neues Haus umziehen, um künftige Überschwemmungen zu vermeiden. Infolgedessen sind ärmere Gemeinden exponierter, empfindlicher und anfälliger gegenüber Umweltrisiken, weniger widerstandsfähig in Bezug auf die Anpassung an und Vermeidung von Risiken und erholen sich langsamer von den Auswirkungen von Umweltstressoren.
Eine intakte Umwelt ist für Kinder und Alte am wichtigsten
Angesichts ihrer erhöhten Anfälligkeit profitieren ärmere Gemeinden erheblich von den Vorteilen, die der Zugang zu einer hochwertigen Umwelt bietet. Dies gilt insbesondere für Menschen in sozial benachteiligten Stadtgebieten. Diese leben in der Regel in dicht besiedelten Räumen, in denen der Zugang zu einer hochwertigen Umwelt in Europa eingeschränkt ist.
Die Demografie spielt eine wichtige Rolle bei der Verteilung der gesundheitlichen Auswirkungen der Umwelt. In ganz Europa sind ältere Menschen, Kinder und Personen mit schlechtem Gesundheitszustand tendenziell stärker von umweltbedingten Gesundheitsrisiken betroffen als die Allgemeinbevölkerung. Es gibt auch Ungleichheiten in der Umwelt, die mit der ethnischen Zugehörigkeit zusammenhängen, wobei die Roma-Gemeinschaften in Mittel- und Osteuropa häufig von der Grundversorgung ausgeschlossen und Umweltverschmutzung mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen ausgesetzt sind. Auch individuelle Verhaltensweisen beeinflussen die Exposition und Empfindlichkeit gegenüber Umweltstressoren. Beispielsweise beeinflussen Ernährungsgewohnheiten die Exposition gegenüber Chemikalien, während Rauchen das Indviduum anfälliger für die gesundheitlichen Auswirkungen der Luftverschmutzung macht.
Leistungsbilanz der Natur
Dieser Bericht gibt keinen umfassenden Überblick darüber, wie das gesamte Spektrum der Ökosystemleistungen Vorteile für Gesundheit und Wohlbefinden bringt. Vielmehr reflektiert er darüber, wie die Umweltqualität die Erbringung bestimmter Dienstleistungen beeinflusst, was zu direkten Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen führt. Zu den Dienstleistungen, die in diesem Bericht behandelt werden, gehören:
– die Bereitstellung von sauberer Luft, Trinkwasser und Nahrung;
– der Kultur- und Erholungswert des Zugangs zu einer hochwertigen Natur;
– die Regulierung des Klimas auf mehreren Ebenen.
Gesundheit in Europa
Insgesamt sind 13 % der Todesfälle in der EU auf Umweltstressoren zurückzuführen, das sind insgesamt 630.000 Todesfälle pro Jahr. Dies basiert auf den neuesten Daten der Weltgesundheitsorganisation zur Umweltbelastung durch Krankheiten für das Jahr 2012. Diese Todesfälle könnten verhindert werden, wenn die umweltbedingten Gesundheitsrisiken beseitigt und die Umweltzerstörung rückgängig gemacht würde. In Europa sind 90 % der umweltbedingten Todesfälle auf nicht übertragbare Krankheiten zurückzuführen, darunter Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, psychische, Verhaltens- und neurologische Störungen, Diabetes, Nierenerkrankungen und Asthma.
Ost-West-Gefälle
Zwischen dem Osten und dem Westen Europas besteht eine erhebliche Diskrepanz. Der höchste Anteil umweltbedingter Todesfälle findet sich in Bosnien und Herzegowina (27 %) und die niedrigsten sind in Norwegen und Island (9 %) zu verzeichnen. In der EU ist der Anteil der Umwelt an der Sterblichkeit in Rumänien am höchsten (19 %) und in Schweden und Dänemark am niedrigsten (10 %) Also bestehen erhebliche gesundheitliche Ungleichheiten sowohl innerhalb der Mitgliedsstaaten als auch zwischen den europäischen Ländern. Umweltbezogene Ungleichheiten tragen dazu bei, gesundheitliche Ungleichheiten in Europa voranzutreiben. Zu den wichtigsten demographischen Faktoren, die die Gesundheit der europäischen Bevölkerung beeinflussen, gehören die Altersstruktur der Bevölkerung, Migration und ein hohes Maß an Verstädterung. Der sozioökonomische Status ist mit bestimmten ungesunden Verhaltensweisen verbunden, wobei die benachteiligte sozioökonomische Gruppen eher schlechtere Ernährungsgewohnheiten haben, übergewichtig sind, sich weniger bewegen und rauchen. Diese Verhaltensweisen wirken sich auf die Gesundheit aus und machen die Menschen empfindlicher für umweltbedingte Risikofaktoren.
Ansteckungen selten ein Problem
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist der Europäische Wirtschaftsraum weltweit am stärksten von nichtübertragbaren Krankheiten betroffen, wobei eine relativ kleine Gruppe von Gesundheitszuständen für einen Großteil der Krankheitslast verantwortlich ist. Die wichtigsten nichtübertragbaren Krankheiten (Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, chronische Atemwegserkrankungen und psychische Störungen) sind zusammen für schätzungsweise 86 % der Todesfälle und 77 % der Krankheitslast in Europa verantwortlich. Diese Krankheiten sind mit einer Reihe gemeinsamer Risikofaktoren verbunden, darunter Umweltfaktoren, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, Adipositas sowie Tabak- und Alkoholkonsum. Die umweltbedingten gesundheitlichen Ungleichheiten haben im Laufe der Zeit tendenziell zugenommen, trotz einer allgemeinen Verbesserung der Umweltbedingungen.
Was ist gesund?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Gesundheit als “einen Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen”
In jüngerer Zeit haben Kommentatoren vorgeschlagen, Gesundheit als “die Fähigkeit zur Anpassung und zum Selbstmanagement angesichts sozialer, körperlicher und emotionaler Herausforderungen” zu definieren. Dieses weiter gefasste Konzept erkennt an, dass wir in einer ungesunden Gesellschaft nicht gesund sein können und dass Gesundheit nicht nur physische, psychische und soziale Aspekte umfasst, sondern untrennbar mit externen Faktoren verbunden ist, wie z.B. der Gesundheit unserer planetaren Biodiversität. Ein Gesundheitskonzept, das die Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde äußere Umstände einschließt, erkennt veränderte Umweltbedingungen, wie den Klimawandel, als eine der wichtigsten Triebkräfte für Gesundheit und Wohlbefinden an.
Die Zahlen schwanken erheblich, von einem Höchstwert von 172 pro 100.000 in Albanien bis zu einem Tiefstwert von 35 pro 100.000 in Island. Unter den EU-Ländern hat Rumänien die höchste Zahl von Todesfällen pro 100.000, die auf die Umwelt zurückzuführen sind, während Schweden die niedrigste Zahl aufweist. Die höhere Belastung durch umweltbedingte Todesfälle im Osten Europas ist deutlich sichtbar, wobei die jüngeren EU-Mitglieder mit Ausnahme von Zypern, Estland und Slowenien durchweg höhere Zahlen von Todesfällen pro 100.000 aufweisen. Alle EU-Länder mit einer Belastung durch vermeidbare umweltbedingte Todesfälle von mehr als 15 % sind der EU seit 2004 beigetreten, mit der einzigen Ausnahme Griechenlands.
Krebs ist Todesursache Nr. 1
Krebserkrankungen sind die Todesursache Nummer eins, gefolgt von gefäßbedingten Herzkrankheiten, chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen und Schlaganfällen. Im Jahr 2016 waren Umweltfaktoren die Ursache für 39 % der verlorenen oder durch Behinderung oder Krankheit eingeschränkten Lebensjahre (DALYs) infolge von Lungenkrebs bei Männern und 21 % bei Frauen in Ländern mit hohem Einkommen. Bei anderen Krebsarten beträgt der Anteil der umweltbedingten DALYs 16 % bei Männern und 13 % bei Frauen.
25 Millionen verlorene Lebensjahre
Die Zahl der gesunden Lebensjahre, die in den EU-28-Ländern durch Umweltverschmutzung verloren gehen, wird auf der Grundlage der WHO-Daten für 2012 auf mehr als 20 Millionen jährlich geschätzt und für die 33 Länder des Europäischen Wirtschaftsraum auf über 25 Millionen an. Es ist erwähnenswert, dass verschiedene umweltbedingten Risikofaktoren zu denselben Krankheiten beitragen. So tragen beispielsweise Luftverschmutzung, Lärm, Chemikalien und Klimawandel zur Belastung durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei, während Lärm, Chemikalien und Klimawandel neuropsychiatrische Störungen verursachen. Luftverschmutzung wirkt sich am stärksten auf die Gesundheit aus und führt jährlich zu etwa 400.000 vorzeitigen Todesfällen und fast vier Millionen DALYs in der EU. An zweiter Stelle steht der Lärm, der zu über 12.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr und über 1 Million DALYs in der EU-33.
Die Schätzungen der DALYs, die der Luftverschmutzung in Innenräumen zuzuschreiben sind, reichen auf EU-Ebene von 300.500 bis 2 Millionen, wobei die niedrigere Schätzung auf den Emissionen aus festen Brennstoffen basiert, die zum Kochen verwendet werden, und die höhere Schätzung ein breiteres Spektrum von Luftschadstoffen und Radon erfasst.
Was die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit betrifft, so sind die Daten spärlich, da es schwierig ist, einzelne Wetterereignisse dem Klimawandel zuzuschreiben. Zudem ist kaum zu erforschen, wie Klimastressoren mit dem breiten Spektrum sozialer Faktoren interagieren und damit Auswirkungen auf die Gesundheit hervorrufen. Hitzewellen sind der tödlichste Typ extremer Wetterereignisse in ganz Europa; allein auf die Hitzewelle von 2003 werden 70.000 Todesfällen zurückgeführt. Im Zeitraum 1980-2017 waren 90.325 Todesfälle auf die Auswirkungen von extremem Wetter und klimabedingten Ereignissen im Europäischen Wirtschaftsraum zurückzuführen.
In wirtschaftlicher Hinsicht verursachten Wetter- und Klimaextreme Katastrophen im Zeitraum 1980-2017 rund 83 % der durch Naturkatastrophen verursachten monetären Verluste in der EU aus, was 426 Mrd. EUR (bei Werten von 2017) entspricht.
Für Chemikalien liegen keine Daten vor, da eine kausale Zuordnung einzelner Erkrankungen angesichts der großen Zahl chemischer Schadstoffe und ihres potentiellen Zusammenwirkens schier unmöglich ist. Die Weltgesundheitsorganisation führt 2,7 % aller weltweiten Todesfälle im Jahr 2016 auf die Exposition gegenüber einer relativ begrenzten Anzahl von Chemikalien zurück.
Verlangsamter Anstieg der Lebenserwartung
Im Jahr 2017 wurde die Zahl der gesunden Lebensjahre bei der Geburt in den – damals noch 28 – EU-Mitgliedsstaaten auf 64 Jahre für Frauen und 63,5 Jahre für Männer geschätzt; dies entspricht etwa 77 % bzw. 81 % der gesamten Lebenserwartung von Frauen und Männern (Eurostat, 2020a). Bemerkenswert ist, dass sich der Trend eines stetigen Anstiegs der Lebenserwartung in der EU von 2001 bis 2011 in vielen Mitgliedstaaten in den Jahren bis 2016 erheblich verlangsamt hat, da Herz-Kreislauf-Erkrankungen weniger stark zurückgehen und die Zahl der Todesfälle bei älteren Menschen in den Wintermonaten zunimmt.
Die demographischen Veränderungen in Europa stellen zentrale wirtschaftliche und soziale Herausforderungen dar. Diese Herausforderungen hängen mit der Belastung des Gesundheitswesens zusammen, haben aber auch Auswirkungen auf die umweltbedingte Gesundheit. Drei demografische Schlüsselfaktoren beeinflussen die Gesundheit der europäischen Bevölkerung: die Altersstruktur der Bevölkerung, Migration und ein hoher Anteil der europäischen Bevölkerung, der in städtischen Gebieten lebt.
Die demographische Zeitbombe
Die EU-28 hatte 511,8 Millionen Einwohner. Obwohl die Bevölkerung einiger Mitgliedstaaten schrumpft und sich das Bevölkerungswachstum in den letzten Jahrzehnten insgesamt verlangsamt hat, wächst die Bevölkerung der EU-28 insgesamt weiter und dürfte bis 2045 mit rund 529 Millionen Menschen ihren Höchststand erreichen. 2018 waren 19,7 % der EU-Bevölkerung über 65 Jahre alt. Mehr als die Hälfte der EU-Bürger im Alter von 65 bis 74 Jahren berichtet über eine lang andauernde Krankheit oder ein Gesundheitsproblem. Abgesehen von Japan hat die EU den geringsten Jugendanteil. Dies wurde als “demografische Zeitbombe” bezeichnet, da der Bedarf an Sozial- und Gesundheitsvorsorge steigt, während der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter abnimmt.
Urbanisierung
Die fortschreitende Urbanisierung – bezogen auf die Zunahme der Zahl der Menschen, die in städtischen Gebieten leben – ist ein weiterer wichtiger Trend in Europa . Es wird erwartet, dass der Grad der Verstädterung in Europa von derzeit 74 % auf etwa 75 % im Jahr 2020 und 83,7 % im Jahr 2050 ansteigen wird. Dies erfordert eine wirksame Stadtplanung, um die möglichen negativen gesundheitlichen Auswirkungen und Ungleichheiten, die sich aus der städtischen Umgebung ergeben können, zu begrenzen. Zu den Gefahren für die Stadtbevölkerung gehören eine erhöhte Belastung durch Luftverschmutzung, hohe Lärmpegel, Abfallmanagement und den Wärmeinseleffekt bei hohen Temperaturen. Dazu kommen ein verändertes Bewegungsverhalten und ggf. die soziale Isolation. Diese Faktoren tragen zur wachsenden Epidemie nichtübertragbarer Krankheiten und zu Problemen der psychischen Gesundheit bei. So leiden Menschen, die in Städten der EU leben, beispielsweise häufiger an chronischen Depressionen. Dieses Muster war jedoch uneinheitlich, denn Länder wie Kroatien, Ungarn, Spanien und Schweden meldeten höhere Werte für Depressionen in ländlichen Gebieten. Die Bereitstellung gut gestalteter städtischer Umgebungen bietet auch das Potenzial, positive Möglichkeiten für Gesundheit und Wohlbefinden zu schaffen, während die Nähe von Menschen, Unternehmen und Dienstleistungen auch die Entwicklung eines ressourceneffizienteren Europas ermöglicht. Gut gestaltete Städte und städtische Gebiete können zum Beispiel auch kürzere Wege zur Arbeit, mehr Möglichkeiten zum Zu-Fuß-Gehen, Radfahren und zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sowie einen besseren Zugang zu städtischen Grünräumen und Wasserelementen bieten.
Zuwanderung dringend notwendig
Die Zuwanderung ist die Haupttriebkraft des Bevölkerungswachstums in Europa. Von 2012 bis 2016 machte der positive Migrationssaldo nach Europa 80 % des Bevölkerungswachstums aus, und dieser Trend wird sich fortsetzen. Einwanderung findet nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten statt, sondern stammt auch aus Nicht-EU-Ländern. Im Jahr 2016 betrug die Zahl der Nicht-EU-Bürger, die in die EU einwanderten, 1,3 Millionen, und die Nicht-EU-Bevölkerung erreichte fast 22 Millionen. Diese Bevölkerungsströme haben das Potenzial, zusätzliche Belastungen für die Gesundheitssysteme zu schaffen, die in einigen Fällen ein rasches, lokal begrenztes Bevölkerungswachstum bewältigen müssen. Migrationsbevölkerung ist jedoch generell positiv für die europäischen Sozialsysteme, da sie den Auswirkungen der alternden Bevölkerung entgegen wirkt.
Armut macht krank
Gesellschaften mit großen sozioökonomischen Unterschieden weisen auch große Unterschiede in den Gesundheitsstatus auf. Diese werden durch Unterschiede in den Bereichen Sozialschutz, Bildung, Einkommen, Zugang zur Gesundheitsversorgung, Krankheitsprävention und Lebensbedingungen beeinflusst. Es bestehen auch Beziehungen zwischen gesundheitlichen Risikofaktoren wie Tabakkonsum und den sozioökonomischen Umständen. Innerhalb der EU nehmen Bevölkerungen mit höherem Bildungs- und Wohlstandsniveau ihren eigenen Gesundheitszustand im Allgemeinen als gut wahr und weisen eine verbesserte Lebenserwartung auf. Weniger gebildete und ärmere Bevölkerungsgruppen nehmen jedoch ihren eigenen Gesundheitszustand als schlecht wahr und haben eine niedrigere Lebenserwartung. In der gesamten EU können Menschen mit niedrigem Bildungsniveau damit rechnen, sechs Jahre kürzer zu leben als Menschen mit hohem Bildungsniveau. Nahezu die Hälfte der erhöhten Mortalität in den unteren sozioökonomischen Gruppen erklärt sich durch Ungleichheiten bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, für die Umweltbedingungen wie Luftverschmutzung und fehlende Möglichkeiten für körperliche Betätigung zentrale Risikofaktoren sind
Im Süden trotz gesund trotz weniger Umsatz
Die Lebenserwartung bei der Geburt im Jahr 2017 lag zwischen 74,8 Jahren in Bulgarien und 83,1 Jahren in Italien – ein Unterschied von 8,3 Jahren. Dabei wirkt sich vornehmlich der wirtschaftliche Status eines einzelnen Mitgliedstaats auf die Lebenserwartung seiner Bürgerinnen und Bürger aus. Es lassen sich drei europäische Hauptgruppen unterscheiden: die baltischen und osteuropäischen Mitgliedstaaten, die eine relativ niedrige Lebenserwartung bei der Geburt und ein niedriges BIP-Niveau aufweisen; die Mitgliedstaaten des Mittelmeerraums, die im Allgemeinen eine relativ hohe Lebenserwartung und ein mittleres Pro-Kopf-BIP aufweisen; und die westeuropäischen und nordischen Mitgliedstaaten, in denen die Lebenserwartung ähnlich hoch ist wie in den Mittelmeerstaaten, deren Pro-Kopf-BIP jedoch höher liegt
Ein lang anhaltendes Gesundheitsproblem hat per Definition eine Dauer oder wahrscheinliche Dauer von mindestens sechs Monaten. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung der EU-28 gab an, im Jahr 2018 an einer chronischen Erkrankung zu leiden. Insgesamt gaben in der EU 31 % der Menschen in den Ländern des obersten Einkommensquintils (d. h. den 20 % wohlhabendsten) an, eine lang andauernde Krankheit oder ein Gesundheitsproblem zu haben, verglichen mit 44 % im untersten Quintil (d. h. den 20 % ärmsten).
In Bezug auf die selbst wahrgenommene Gesundheit gaben 68 % der Personen ab 16 Jahren in der EU an, im Jahr 2018 einen “guten” oder “sehr guten” Gesundheitszustand zu haben In allen EU-Mitgliedstaaten ist der Anteil der Männer, die ihre Gesundheit als gut oder sehr gut einschätzen, höher als der Anteil der Frauen. Sowohl der Anteil der Männer als auch der Anteil der Frauen, die ihre Gesundheit als gut oder sehr gut einschätzen, steigt mit dem Bildungsniveau und dem Einkommen. Im obersten Einkommensquintil der Bevölkerung beurteilten 79 % ihre Gesundheit als sehr gut oder gut, während im untersten Quintil nur 59 % ihre Gesundheit als sehr gut oder gut bewerteten. Wie zu erwarten ist, verschlechtert sich die selbst empfundene Gesundheit mit zunehmendem Alter tendenziell. Im Jahr 2018 bewerteten in höheren Altersgruppen weniger Menschen ihren Gesundheitszustand als sehr gut oder gut als in niedrigeren Altersgruppen, während der Anteil derer, die über einen schlechten oder sehr schlechten Gesundheitszustand berichteten, mit dem Alter zunahm.