Spezies der Woche #65 – der Wachtelkönig

Ein kleiner Kopf auf langem Hals ragt über die Halme einer hohen Wiese und schaut dich mit blitzwachen Augen an? Wer das schon einmal beobachten konnte, gehört zu den Glücklichen, die einen Wachtelkönig schon persönlich gesehen haben. Er ist nämlich ein Meister der Tarnung und zudem sehr selten geworden. Allerdings hört man ihn öfter, als man ihn sieht. Seinen charakteristischen Gesang vergisst man auch nicht so schnell: Er klingt, als würde man mit einem Löffel immer wieder über die Zinken eines Kamms reiben.

 

Verbreitungsstatus

Vom Aussterben bedroht, 20-30 Reviere in Rheinland-Pfalz

Restvorkommen

Westerwald, Vorder- und Südpfalz

Letzte Sichtung in Rheinland-Pfalz

aktuell

Lebensraum

Offene Auen, Seggenmoore, feuchte Bergwiesen, als Ausweichquartiere auch dicht bewachsenes Grünland

Bedrohung

Trockenlegung von feuchten Standorten, Grünlandumbruch, Intensive Bewirtschaftung, Abschuss in Überwinterungsgebieten

Er erinnert an ein zartes Rebhuhn, ist aber einheitlicher gefärbt, langbeiniger und dickschnäbliger. Die Küken sind ganz dunkel und sehen aus wie schwarze Wattebäusche. Die Küken sind auch der Grund für eine ganz besondere Biotopauswahl. In den ersten Tagen nach der Brut sind die Küken noch sehr empfindlich gegen Nässe und sterben leicht, wenn sie in hohem nassem Gras liegen. Später, wenn sie schon munter durch die Gegend laufen, sollen sie aber möglichst nicht von Beutegreifern gesehen werden. Um dieses Dilemma zu lösen, beobachtet der Wachtelkönig sehr genau und wählt einen Standort aus, der zum Zeitpunkt des Nestbaus frisch gemäht oder mäßig bewachsen ist. Wenn bis Juni/Juli  wenn die Küken am aktivsten sind – das Gras höher gewachsen ist oder es in unmittelbarer Nähe hohen Bewuchs gibt, dann ist der Ort ideal.

Leider machen die Menschen dem Wachtelkönig häufig einen Strich durch seine Berechnung, wenn zu früh gemäht wird oder keine Verstecke in Kükengehweite übrig bleiben. Zudem ist der Wachtelkönig kurz nach der Brut auch nicht besonders wehrhaft. Denn dann fallen ihm alle Federn aus und er ist drei Wochen flugunfähig. Gegen Anfang August sind die Jungvögel selbst voll flugfähig, aber schon Ende Juli können sie flattern und den Mähwerkzeugen durch Laufen entkommen. Nach Beobachtungen werden hierbei auch schon gemähte Bereiche durch Laufen überbrückt.

Der Wachtelkönig bevorzugt eigentlich halb offene Auen, schütter bewachsene Verlandungszonen, Seggenmoore und natürliche Bergwiesen. Inzwischen ist er aber vorwiegend in offenem, extensiv genutztem Kulturland mit deckungsreicher Vegetation von etwa 25 – 100 cm Höhe anzutreffen. In Mitteleuropa werden Flächen mit Winter- und Frühjahrshochwasser genutzt. Der Wachtelkönig ist eine typische Wiesenvogelart, die sich aber auch in höheren Strukturen wie z. B. Weidengehölzen aufhält.

Die Männchen locken im Frühjahr die nachts ziehenden Weibchen durch die Bildung von „Rufteppichen“ in die Brutgebiete. Dabei sitzen sie gern erhöht, damit die Weibchen sie gut hören können. Je mehr Männchen in geeigneten Gebieten rufen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Weibchen angelockt werden. Erscheinen keine Weibchen, verstummen die Rufe und die Männchen verschwinden aus dem Gebiet.

In meiner Heimatstadt Gießen wurden nach der Renaturierung der Wieseckaue und der Rückkehr zur traditionellen extensiven Auenbewirtschaftung in den 90er Jahren erstmals wieder Wachtelkönige beobachtet. Auch andere bedrohte Arten wie Eisvogel, Kiebitz und Wiesenpieper haben sich hier wieder angesiedelt. Das zeigt: Schutz und Renaturierung sind wirksam!

Politisch notwendig:

  • Erhalt und Wiedervernässung von Feuchtgebieten und Moorstandorten
  • Förderung von kleinparzelliger, abgestimmter Mahd mit verbleibenden Randstreifen
  • Förderung von strukturreicher, vielfältiger Landwirtschaft mit erhöhten, dauerhaften Rufplätzen z. B. Bäumen

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Foto: Von Ron Knight from Seaford, East Sussex, United Kingdom – Corn Crake (Crex crex), CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=46950118