Spezies der Woche #94 – Palpen-Spannereule

Ein Fühlfaden, mit dem gleichzeitig noch riechen und schmecken kann, klingt nach Science Fiction, ist aber Realität: die Palpen-Spannereule hat ein solches Organ. Ihren Namen bekamen die Eulenfalter, weil sie dämmerungs- und nachtaktiv sind. Ihre Fühlfäden, Palpen genannt, sind besonders gut entwickelt und geben dem Nachtfalter seinen Namen. Palpen sind kein zusätzliches Fühlerpaar, sondern eine Art Tastwerkzeug, das zusätzlich Geruchs- und Geschmacksrezeptoren trägt. Häufig sind die Palpen dicht behaart.

Verbreitungsstatus in Rheinland-Pfalz ausgestorben
Restvorkommen Baden-Württemberg, Österreich, Schweiz
Letzte Sichtung in Rheinland-Pfalz 1987 in Harthausen
Lebensraum nährstoffarme Waldränder, Wacholderheiden
Gefährdung Extensivierung Forst- und Landwirtschaft, Eutrophierung, Lichtverschmutzung

Die männlichen Palpen-Spannereulen erreichen Flügelspannweiten von bis zu 30 Millimetern. Die Weibchen sind deutlich kleiner und meist etwas dunkler gefärbt. Die Vorderflügel sind gelblichbraun bis hellbraun und tragen drei gewellte bis leicht gezackte, dunkelbraune Querlinien, die unterschiedlich stark ausgebildet sein können.

Die Raupen leben in der Bodenstreu und ernähren sich zumeist von vergilbenden oder toten Pflanzenteilen. Es werden aber auch zarte Blätter noch lebender Pflanzen befressen. Die Jungraupen sind etwas durchscheinend und schwach behaart. Die Raupen verpuppen sich in einem Kokon direkt am Boden und überwintern auf diese Weise. Die Entwicklung zum Falter erfolgt manchmal sogar erst im übernächsten Jahr. Die Falter sind empfindlich für Lichtverschmutzung, denn sie werden vom Licht angezogen und umschwirren die Lampen häufig bis entkräftet zu Boden fallen.

In Europa verzeichnet man einen langsamen aber stetigen Rückgang der Palpenspannereulen. Hauptgrund ist ihre Vorliebe für nährstoffarme Standorte mit reichlich trockenem Laub. Zudem muss der Boden so locker und unverdichtet sein, dass sich die Raupe etwas darin eingraben und verpuppen kann. Durch die moderne Forstwirtschaft sind Waldböden mittlerweile aber häufig hoch verdichtet. Nährstoffeinträge durch Industrie, Landwirtschaft und motorisierten Verkehr zerstören nährstoffarme Standorte. Wenn dann noch Lichtverschmutzung dazukommt, die die erwachsenen Falter von der Fortpflanzung abhält, ist der Rückgang vorprogrammiert. In Rheinland-Pfalz ist die Palpen-Spannereule bereits seit 1987 ausgestorben.

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Bild: Von Ilia Ustyantsev – Polypogon tentacularia, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=67455162