Erneuerbare Energie – gestern, heute, morgen

Jahrelang habe ich mich gegen das physikalisch unsinnige Adjektiv „erneuerbar“ ausgesprochen und versucht, es durch „unerschöpflich“ zu ersetzen. Irgendwann habe ich aufgegeben, da der Begriff nunmal etabliert ist.

Die Energienutzung der Jäger- und Sammlerkulturen in der Alt- und Mittelsteinzeit beruhte ausschließlich auf dem Verbrennen von Biomasse: zum Kochen und Heizen waren Holz, getrockneter Dung oder Knochen völlig ausreichend. Heute unvorstellbar, aber zu Beginn der Jungsteinzeit mit Ackerbau und Viehzucht lebten auf dem gesamten Planeten nur 5 – 10 Millionen Menschen mit äußerst geringem Energiekonsum und Ressourcenknappheit gab es nicht. In der Jungsteinzeit wurde die Kraft der domestizierten Tiere wichtig: besonders Auerochsen und Wasserbüffel waren als Zugtiere beliebt. Auch über diesen Umweg wird Biomasse energetisch genutzt.

Die rasante Bevölkerungszunahme führte zu intensiverer Nutzung der verfügbaren Flächen; sowohl in China als auch in Ägypten und im Zweistromland wurden vor ca. 5000 Jahren Bewässerungsstrukturen mit Hilfe von mit Wasserkraft betriebenen Schöpfrädern geschaffen. Seither ist die Nutzung der Wasserkraft erheblich effizienter geworden: nach der archimedischen Schraube folgten Wasserräder und schließlich Turbinen. Heute liefert Wasserkraft 16 % der Weltstromproduktion.

Die Windenergie wurde ebenfalls bereits in der Antike genutzt: zum Mahlen von Getreide, zum Antrieb von Wasserpumpen und natürlich in der Schifffahrt. Und bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden Windmühlen zur Stromproduktion eingesetzt. Der Wirkungsgrad konnte im 20. Jahrhundert durch Verbesserung der Flügelform und Drehzahloptimierung enorm gesteigert werden. Trotz des großen Zubaus insbesondere in den letzten zehn Jahren liegt die Stromproduktion erst bei 4 % der  Weltstromproduktion – es ist allerdings damit zu rechnen, dass dieser Anteil rasch wächst, da Strom aus Windenergie mittlerweile günstiger ist als der aus neuen fossilen Anlagen. Zudem werden mehr und mehr Windparks auf See gebaut. Diese Offshore-Parks bringen erheblich höhere Erträge.

Solarenergie wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein nur passiv genutzt, indem Gebäude so ausgerichtet wurden, dass sie möglichst viel Sonne einfingen – oder, in wärmeren Gefilden, abhielten. Der photoelektrische Effekt wurde zwar bereits Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt und von Albert Einstein 1905 mit der Lichtquantentheorie erklärt, doch bis zur Herstellung der ersten Solarzellen gingen noch viele Jahre ins Land. Erst in den 1950er Jahren wurden Solarzellen in der Praxis eingesetzt – für die Stromversorgung von Satelliten. In den 70ern stellte dann Australien sein Telekommunikationsnetz im Outback auf solarstrombetriebene Batteriestationen um. Der Boom der Photovoltaik ist auf die Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetz in Deutschland im Jahr 2000 zurückzuführen, mit dem eine kostendeckende Vergütung (damals: 51 (!!) Cent pro Kilowattstunde). In den Folgejahren wurden zeitweise über 70 % der Weltproduktion von Solarzellen auf dem deutschen Markt abgesetzt. Durch die effiziente Massenproduktion hat sich preislich viel getan: heute produzieren Freiflächenanlagen in Deutschland für 4 Cent/kWh, in sonnenreichen Regionen sogar für 2,5 Cent/kWh – billiger als jeder andere Energieträger. Daher ist zu erwarten, dass der Solarstromanteil von derzeit 2 % rasch ansteigen wird.

Die Solarthermie führt im Schatten der Photovoltaik ein Mauerblümchendasein. Dabei ist ihr Wirkungsgrad von 90 % sensationell und sie kann mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen sogar zur Kühlung (!) eingesetzt werden.

Wind und Solar werden die Säulen des Energiesystems der Zukunft sein – aber ist das wirklich schon klar? Welche nicht-fossilen Energieträger gibt es noch?

Gezeitenkraft wird immer nur eine untergeordnete Rolle spielen, da nur wenige Küstengebiete einen so hohen Tidenhub aufweisen wie die Bucht von St. Malo in der Normandie.

Die Wellenenergie ist bisher kaum über Pilotprojekte hinausgekommen. Mehrere Funktionsprinzipien werden aber derzeit getestet. Eines beruht auf pneumatischen Kammern, aus denen Luft per Wellenkraft durch Turbinen gepresst wird; hier gibt es bereits ein kommerzielles Kraftwerk im baskischen Mutriku. Ein anderes Prinzip nutzt Auftriebskörper, die entweder untereinander oder mit dem Meeresgrund verbunden sind. Sie werden durch die Wellen bewegt und pressen dabei Flüssigkeiten durch Turbinen. Schließlich gibt es auch Kraftwerke, die die Wellenbewegung unter Wasser in Küstennähe nutzen: die Strömungen bewegen große Metallplatten, die mit einem Hydrauliksystem verbunden sind.

Vielleicht werden auch neue Materialien entdeckt, die Solarenergie noch viel effizienter nutzen können, als die heute verwendete Siliziumtechnologie mit ca. 20 %. Oder die Forschung an den sogenannten Peltier-Elementen ermöglicht irgendwann die kostengünstige Produktion von Strom aus Umgebungswärme. Auch die Nutzung der immer wehenden Höhenwinde halten manche für möglich. Nicht zuletzt stecken in Meeresströmungen gigantische Energiemengen, die mit Turbinen ähnlich denen von Windenergieanlagen genutzt werden können.

Fazit: Wir müssen nicht auf morgen warten – die Technologien zur Beendigung des fossil-atomaren Zeitalters sind schon heute vorhanden. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, gilt: Raus aus den Fossilen! Rein in die Erneuerbaren! Runter mit der Energieverschwendung!