TAXONOMY – Klassifikationssystem für Nachhaltigkeit

ARTIKEL, Donnerstag 09. Januar 2020 – Brüssel

Wie will die EU nachhaltige Investitionen in der Wirtschaft und in der Finanzbranche fördern?

Mehr dazu erklärt Jutta Paulus im folgenden Artikel:

TAXONOMIE – Ein Rahmenwerk zur Erleichterung von ökologisch nachhaltigen Investitionen

Kurz vor Jahresende haben sich der Rat und das Europäische Parlament auf Rahmenbedingungen für die Erleichterung nachhaltiger Investitionen geeinigt – die sogenannte „Taxonomie“. Davor gab es keine EU-weiten Kriterien für nachhaltige Wirtschaftstätigkeit und keine Definition dafür, was „grüne Investitionen“ eigentlich sind.

Warum ist Taxonomie wichtig?

Die EU möchte mit der Taxonomie ein Rahmenwerk zur Erleichterung von ökologisch nachhaltigen Investitionen schaffen. Dieses soll sich auf alle Finanzprodukte beziehen. In Zukunft muss für Finanzprodukte nachgewiesen werden, zu welchem Anteil Investitionen auch wirklich in ökologisch nachhaltige Aktivitäten fließen. Was ökologisch nachhaltig ist, ist zudem klar definiert. Das soll die Märkte dazu bewegen, nachhaltige Investitionen zum neuen Mainstream in der Finanzbranche zu machen.

Alle Finanzunternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen in Zukunft bei ihren Investitionen oder Finanzprodukten angeben, welcher Anteil jeweils als ökologisch nachhaltig einzustufen ist. Das betrifft rund 6000 Unternehmen in der EU. Damit werden die meisten Banken, Versicherungen und auch Pensionskassen und Rentenfonds in die Taxonomie einbezogen.

Was sind die Kriterien für die EU-Taxonomie?

Grüne Investitionen müssen bestimmte Kriterien einhalten, um als ökologisch nachhaltig eingestuft zu werden.

1) Sie müssen einen substanziellen Beitrag zu einer oder mehrerer der folgenden ökologischen Zielvorgaben leisten:

  • Klimaschutz
  • Klimafolgenanpassung
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser und marinen Ressourcen
  • Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft (circular economy)
  • Kontrolle von oder Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung
  • Schutz und Renaturierung von Biodiversität und Ökosystemen

2) Die Investitionen dürfen keinen signifikanten Schaden bezüglich der oben genannten ökologischen Zielvorgaben anrichten.

3) Internationale Menschenrechte und Mindest-Arbeitsstandards müssen eingehalten werden (konkret: Richtlinien der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen).

Wer setzt die Nachhaltigkeitskriterien fest?

Die Kriterien und Grenzwerte für ökologisch nachhaltige, wirtschaftliche Investitionen werden von einem ausgewogenen Team an Expert*innen aufgestellt. Die Kommission wird die Kriterien und Grenzwerte dann in Form eines delegierten Rechtsakts einbringen. Ein technischer Grenzwert, auf den man sich beispielsweise bereits festgelegt hat, ist eine Schwelle von <100 g CO2/kWh bei der Stromerzeugung.

„Dunkelgrüne“ wirtschaftliche Aktivitäten, Übergangstechnologien und ermöglichende Technologien

Die höchste Auszeichnung erhalten alle Investitionen in Erneuerbare Energien. Diese werden separat von anderen Kategorien behandelt.

Andere Investitionen können als Übergangstechnologien (transitional) und ermöglichende Technologien (enabling) eingestuft werden. Dabei müssen sie jedoch einige Voraussetzungen erfüllen:

  • Es ist keine emissionsärmere Alternative verfügbar
  • Die Entwicklung emissionsärmerer Alternativen darf durch die Investition nicht erschwert werden
  • Sie darf nicht zu einem „carbon lock-in“ führen, also dem unnötigen Hinauszögern der Abkehr von der fossilen Wirtschaft

Der letzte Punkt ist vor allem wichtig, um zu verhindern, dass Investitionen in Gasinfrastruktur als ökologisch nachhaltig eingestuft werden.

Die Definition dessen, was Übergangstechnologien sind, wird mindestens alle drei Jahre ausgewertet und angepasst werden. Das ist wichtig, um die Vereinbarkeit mit den für die Begrenzung der globalen Erderwärmung auf unter 1,5 °C nötigen Maßnahmen („Reduktionspfad“) sicherzustellen.

Kohlekraft und Atomenergie sind von der Taxonomie ausgeschlossen!

Kohleverbrennung ist die einzige Technologie, die von der Taxonomie ausdrücklich ausgeschlossen wird. Das betrifft auch Kohlekraftwerke, die CO2 einfangen und speichern (Carbon Capture and Storage (CCS)) und die zumindest auf dem Papier als „klimaneutral“ gelten. Um zu verhindern, dass die CCS-Technologie als Rechtfertigung für den Bau neuer Kohlekraftwerke genutzt wird, wird sie explizit von der Taxonomie ausgeschlossen.

Keine der Technologien darf maßgeblichen Schaden anrichten („do no significant harm”-Prinzip). Aufgrund der langfristigen Probleme des Atommülls bedeutet das, dass Atomkraft die Kriterien der Taxonomie als ökologisch nachhaltige Technologie nicht erfüllen kann.

Greenwashing verhindern – Finanzprodukte ohne Bezug zu Nachhaltigkeit kennzeichnen

Ökologisch nachhaltige Investitionen werden in Zukunft als solche gekennzeichnet. Darüber hinaus werden auch Investitionen, die nicht ökologisch nachhaltig sind, entsprechend gekennzeichnet werden. Somit wird eindeutig erkennbar sein, dass sie nicht der EU-Taxonomie für ökologisch nachhaltige Investitionen entsprechen. Damit soll Greenwashing vermieden werden.